Ist Waldbaden
Wandern war gestern. Heute schlendert man durch den Forst, nimmt sich Zeit – und fühlt sich gut
Entspannt durch den Wald schlendern, innehalten, in die Wipfel schauen, den Vögeln lauschen, tief einatmen: Das ist „Waldbaden“– und zurzeit ein weltweiter Megatrend, der aus Japan kommt. Dutzende Bücher und Videos gibt es schon zum Thema. Die MOPO „badete“mal am Wulmsberg in Hausbruch.
Der erste Gedanke ist: mal wieder so ein LifestyleQuatsch! Dabei liebe ich den Wald, bin ein eifriger Wanderer, der schon mal 25 Kilometer Tagespensum schafft. Doch halt, da ist es wieder, dieses deutsche Leistungsdenken – und das soll man beim Waldbaden ja gerade mal vergessen.
Also auf zum Wulmsberg, einer eher kleinen Erhebung am Ehestorfer Heuweg. Je nach Quelle ist der „Berg“64 oder 74 Meter hoch. Egal, also auf in den Wald. Die Sonne blinzelt durch die Wipfel, diverse Vögel singen um die Wette, nur das „Grundrauschen“ des Verkehrs auf der nicht so weit entfernten A 7 oder der B 73 stört ein wenig. Ich setzte mich auf eine umgekippte große Birke und lausche. „FiepFiepFiep“macht der erste Vogel, „Tirilie“der zweite, und dann echot es „Tocktocktock“.
Ein Specht, stelle ich messerscharf fest. Ich atme ganz ruhig ein und aus, identifiziere die Bäume und erkenne Eichen, Buchen, Kiefern und Birken. Neugierig nähere ich mich einer mächtigen Kiefer, bin fasziniert von der braun-grünen, groben Struktur der Rinde. Gut 15 Meter geht der Stamm schnurgerade nach oben, dann schaue ich in den verschlungenen Wipfel.
Ein paar Schritte durch raschelndes Laub. Ich nehme zwei Hände voll feuchtem Erdboden auf, schnuppere dran. Es riecht köstlich, wirkt wie eine Inhalation mit ätherischen Ölen. Ein kleiner brauner Käfer krabbelt an meinen Füßen vorbei, und ich krabbele wieder aus dem Wald.
Kaum eine Stunde war ich drin. Hat das Waldbaden gewirkt? Ja! Ich kann freier atmen, selbst der Heuschnupfen ist plötzlich verschwunden, ich bin ganz ruhig und zufrieden. Alles Psychologie, nur Einbildung?
Nein, glauben die Japaner, die schon seit 1982 das Waldbaden (auf Japanisch Shinrin Yoku) propagieren. Sie sagen, dass die Bäume ätherische Öle in die Luft abgeben, die unser Immunsystem stärken. Der Körper soll durch in der Waldluft enthaltene „Terpene“sogar verstärkt Killerzellen produzieren, die gegen Krebs wirken. Studien haben angeblich sogar ergeben, dass der entspannte Aufenthalt im Wald Angstzustände und Depressionen verringern, Stresshormone abbauen und die Vitalität steigern kann.
Also probieren Sie es doch mal aus – es geht sogar im Stadtpark!