Herbies klare Botschaft
Ausverkaufter Auftritt und klare Kante gegen Rechts. Fans jubeln dem Musik-Prediger zu
Singt der kleine Mann noch oder verkündet er schon? „Wir leben in komplexen Zeiten und müssen lernen, dass wir als Gemeinschaft zusammenhalten gegen jede Form von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“, wettert Herbert Grönemeyer durch den Barclaycard Arena-Tempel. 12 500 Fans lauschen ihm, als er sagt: „Keinen Millimeter nach rechts! Aber gleichzeitig muss jeder checken: Wie weit ist man selbst infizierbar?“ Engagiert sind viele Künstler, doch keiner im Pop-Bereich vermag seine Botschaften so schön zu überhöhen wie der 62-Jährige. Und so halten die Feierwütigen am Sonntagabend für einen Moment inne in ihrer Dauerparty und lauschen andachtsvoll den mahnenden Worten ihres Predigers.
Zum Glück für die ausgelassene Stimmung sind solch deutliche politische Botschaften überschaubar – und durch den nuscheligen Vortrag zumindest in seinen neuen Liedtexten auch gern überhörbar – und mindern nicht die prächtige Laune. Zumal der Ober-Animateur immer wieder auf einem Laufsteg mitten durchs Publikum tänzelt, anfeuert und sich tragen lässt vom textsicheren Chor der Versammelten. Ein Motivationsguru – und doch nach wie vor einer von uns.
Denn Grönemeyer taugt eigentlich so gar nicht zum (Pop-)Star. Sieht weder gut aus noch kann seine knödelige Stimme wirklich singen. Seine abgehackten Bewegungen erinnern an eine unfreiwillige Moonwalk-Parodie, seine Musik kommt live nicht über Allerwelts-Mainstream-Poprock hinaus – was übrigens auch die selbst zitierte Umfrage zu den Konzertbesuchs-Gründen seiner Fans belegt: „Zwei Prozent geben an, es wäre wegen der Musik, vier Prozent wegen der Texte, 17 Prozent wegen meiner unfassbaren tänzerischen Fähigkeiten und 36,5 Prozent weil ich so tierisch aussehe.“Selbstironie und Selbstgefälligkeit liegen manchmal nah beieinander…
Aber „Was soll das“: Der Mann wie auch seine „Männer“werden bejubelt, des Meisters spitze Schreie aus tausenden Kehlen erwidert, beklatscht und seine Texte bis zum Gegröle mitgesungen. Selbst die der neuen Songs.
Grönemeyer ist und bleibt eben ein Massenphänomen. Und wird uns in seinem pedantischen Verkündigungsdrang auch weiter zur Seite stehen, denn wie hat er es in „Deine Liebe klebt“so hoffnungsvoll formuliert: „Der Kern des Menschen ist gut.“Daran zu glauben, lässt einen zumindest drei Stunden lang noch den größten Alltagsfrust vergessen – „Herbie“, sei bei uns!