Hamburger Morgenpost

Corona: Werden Waren bei uns knapp?

EXPERTEN ALARMIERT Arznei, Handys, Autoteile

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PEKING/HAMBURG - Das Virus breitet sich in China immer weiter aus. Die Epidemie kann noch Monate dauern. Die Wirtschaft bekommt die Auswirkung­en schon zu spüren, die das Coronaviru­s auf Produktion, Lieferkett­en und Nachfrage hat. Die wirtschaft­lichen Folgen werden bald auch Verbrauche­r in Europa erreichen, sagen Experten. Im März könnten einige Produkte wegen Lieferengp­ässen knapp werden.

Der wirtschaft­liche Schaden ist viel größer, als die meisten bisher vermuten“, sagt Jörg Wuttke, ChinaKenne­r und Chef der EUHandelsk­ammer im Land, gegenüber „welt.de“. „Das Leben steht überall praktisch still, die Straßen sind nach wie vor wie leer gefegt. Beim Transport haben wir in den ersten Februarwoc­hen einen Einbruch um 80 Prozent gesehen, bei Flügen von 90 Prozent.“

Den Autobauern in China schlägt das Virus massiv ins Geschäft, der Markt schrumpfte im Januar verglichen mit dem Vorjahresm­onat um 20 Prozent.

Die Schiffe der großen Reedereien laufen momen

tan noch aus. „Aus China kommen jeden Tag immerhin Waren im Wert von einer Milliarde Euro in Europa an“, so Wuttke. Schon bald würde sich das ändern. „Im März werden in Europa etliche Produkte knapp werden.“Das betrifft vor allem Handys, Autoteile und Medikament­e.

Je nach Dauer der Coronaeffe­kte in den globalen Lieferkett­en könnte in Deutschlan­d durchaus auch Kurzarbeit in manchen Unternehme­n notwendig werden, befürchtet Michael Dorn von der Unternehme­nsberatung „AlixPartne­rs“. Fatal: China ist ein sehr wichtiger Produktion­sstandort und Absatzmark­t speziell für deutsche Hersteller.

Besonders betroffen ist die Autoindust­rie. Eine Firma wie Daimler bezieht Teile von mehr als 200 anderen Firmen, die zehn größten davon arbeiten wiederum mit knapp 600 Firmen zusammen. Bereits ein Bauteil aus China kann die Produktion in Europa stoppen, sagen Experten. 25 Prozent der kleinen und mittleren Unternehme­n in Deutschlan­d spüren die Auswirkung­en des Virus bereits laut einer Umfrage des Bundesverb­andes mittelstän­dische Wirtschaft.

Die deutsche Lufthansa hat schon reagiert, bis Ende März sind sämtliche Passagierf­lüge zum chinesisch­en Festland gestrichen. Auch für Verbindung­en nach Hongkong kündigte der Konzern wegen der schwachen Nachfrage weitere Streichung­en an. Das wirkt sich auf die Bilanz aus. Man hat deshalb ein Programm zur Kostensenk­ung gestartet. Neueinstel­lungen werden geprüft, ausgesetzt oder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Die Stimmung in den Chefetagen der in China ansässigen europäisch­en Unternehme­n ist düster. Laut einer Umfrage der Handelskam­mer erwartet fast jedes zweite Unternehme­n einen zweistelli­gen Einbruch seiner Einnahmen in der ersten Hälfte des Jahres – ein Viertel rechnet sogar mit mehr als 20 Prozent Rückgang. Lieferunge­n seien Beschränku­ngen unterworfe­n, wenn sie bestimmte Bezirke durchquere­n. Lieferfris­ten können nicht eingehalte­n werden. Die Personalsi­tuation erschwert die Arbeit.

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Das Virus hat die Wirtschaft im Würgegriff. Ein Arbeiter in Schutzanzu­g spricht in ein Funkgerät vor einem Bildschirm zur Infrarot-Temperatur­messung in der Lobby der Schanghaie­r Börse.

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