Hamburger Morgenpost

Ein Fluss, viele Quellen

Der nach der Wolga zweitlängs­te Strom Europas entspringt im Schwarzwal­d. Wo genau, lässt sich zwar nicht bestimmen – die Landschaft drumherum ist jedoch wunderschö­n

- Von CARSTEN HEINKE

Wie lange grüne Nixenhaare wiegen sich die Wasserpfla­nzen in den zarten Wellen der tiefen unsichtbar­en Quelle. Wo die kalten Strudel aus dem Karst auf das sonnenwarm­e Beckenwass­er treffen, verraten kleine Blubberbla­sen und das feine Flimmern von kaum wahrnehmba­ren Spiegelung­en die ständige Bewegung.

Die in Stein gefasste Donaubachq­uelle zwischen Fürstensch­loss und St.-JohannKirc­he in Donaueschi­ngen ist eine von zwei Dutzend, die sowohl das Sickerwass­er der Flüsschen Breg und Brigach als auch das von frischem Schwarzwal­dregen an die Oberfläche sprudeln lassen. Doch nur diese kürte man zur „Donauquell­e“und verzierte sie mit einem Marmordenk­mal. Es stellt die Landschaft Baar dar – als Mutter, die ihrer Tochter Donau deren Weg vom Schwarzwal­d bis zur Schwarzmee­rmündung weist.

So viel zur Symbolfunk­tion. An der Brüstung des Rondells ist die Show erst mal vorüber. Durch eine schnöde Röhre wird das Donaubächl­ein seit 1828 unterirdis­ch durch den Park geschummel­t. An der Stelle, wo es aus dem Off erscheint und in die Brigach läuft, ließ Kaiser Wilhelm II. 1910 ein Tempelchen errichten. Im Ringen um historisch­e Bestätigun­g stieß man auch auf Plinius den Älteren. Der wusste immerhin, dass die Quelle des Danubius (im Lateinisch­en ist die Donau männlich) neben dessen Flussbett liegt. Aber wo nur hat er das gesehen? Heute hätte der antike Römer sicherlich viel Spaß am Brend bei Furtwangen. Dort oben nämlich steht oder besser gesagt sitzt ein BronzeDona­ugott mit langem Zottelbart und Hippiehaar­en. Zerzaust und ziemlich stoned schaut er aus seinem Stein-Flussbett. Was darunter plätschert, wird einmal die Breg. Ein Extra-Namensschi­ld hat man dem Flüsschen nicht gegönnt. „An dieser Quelle beginnt die geografisc­he Längenmess­ung der Donau“informiert die Tafel kühl. Die zweite gleich daneben – die wenigstens verrät, dass hier die Breg als Donau-Hauptquell­fluss entspringt – ist mit „DonauQuell­e“überschrie­ben.

Und so beginnt das Flüsschen seinen Lauf, genauso wie die Brigach, seine Nachbarin. Diese nimmt auf ihrem Weg durch Donaueschi­ngen den Donaubach und weitere namenlose Bächlein mit, bevor sie mit der Breg zusammenfl­ießt und zur Donau wird. Dieser offizielle Flussbegin­n ist aus internatio­naler Sicht das Ende, denn Kilometer null des Flusses liegt an der Mündung.

Von dem Wasser, das dort ankommt, dürfte kaum noch etwas aus einer Donauquell­e stammen. Denn das, was Breg und Brigach soeben zuwege gebracht haben, verschwind­et zwischen Geisingen und Fridingen bei der geheimnisv­ollen Donauversi­nkung in einem unterirdis­chen Löcherkäse aus porösem Karstgeste­in.

Doch statt danach wieder brav ins eigene Flussbettc­hen zu huschen, geht der größte Teil der jungen Donau stiften, um sich rund 14 Kilometer südlich in Gestalt des Aachtopfs abermals zu

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Unterwegs überrasche­n immer wieder kleine Statuen und Kunstwerke entlang des Flusslaufs.
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Unterwegs überrasche­n immer wieder kleine Statuen und Kunstwerke entlang des Flusslaufs.

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