Innensenator macht Hoffnung
Grote ist „ehrlich optimistisch“.
Innen- und Sportsenator Andy Grote (SPD) glaubt an ein baldiges Ende der Corona-Krise und hat eine Lockerung des Kontaktverbots in Aussicht gestellt. „Wir müssen noch ein bisschen durchhalten“, sagte der 51-Jährige im Podcast „Leben mit Corona“der Hamburger Morgenpost und der Gute Leude Fabrik und sprach der Hamburger Bevölkerung ein großes Kompliment aus.
„Insgesamt muss man den Hamburgerinnen und Hamburgern ein Riesenkompliment machen“, sagte Grote. „Dass wir jetzt so weit sind, dass wir über Lockerungen nachdenken können, hat ganz viel damit zu tun, dass sich in den letzten Wochen die ganz, ganz große Mehrheit an das gehalten hat, was wir uns als Regeln und Einschränkungen auferlegt haben.“
Seit dem 2. April gilt eine Verordnung für die Stadt Hamburg zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus, die die zuvor gültige Allgemeinverfügung ersetzt.
Demnach ist eine vorübergehende Kontaktbeschränkung angeordnet, die unter anderem einen Mindestabstand von 1,5 Metern oder eine maximale Gruppengröße von zwei Personen im öffentlichen Raum vorsieht.
Die Verordnung gilt vorerst bis zum 30. April, einzelne Teile davon könnten schon am 19. April aufgehoben werden.
„Die Sonne scheint, es ist Ostern.
Da merken wir schon, dass der Druck ein bisschen zunimmt. Die Leute wollen raus“, sagt der Vater eines zweijährigen Sohnes, appelliert aber: „Wir müssen versuchen, irgendwie über die nächste Woche zu kommen und uns noch mal zusammenzureißen, auch wenn es schwerfällt, um dann die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir vielleicht das eine oder andere wieder ein bisschen lockern können.“
Grote, der den Posten des Innenund Sportsenators in Hamburg seit 2016 innehat, sei „ehrlich optimistisch aufgrund der Entwicklung der Neuinfektionen, wie sie in der Stadt ist“, versicherte er. Dennoch gelte es, die steigende Zahl von schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen ebenso wie ältere Menschen besonders im Auge zu behalten. „Unsere ganzen Fahrpläne für Lockerungen müssen sich danach ausrichten, dass wir sie weiter gut schützen.“
Nach aktuellen Zahlen haben sich 3739 Menschen in Hamburg mit dem Coronavirus infiziert – zuletzt gab es aber immer weniger Neuerkrankungen.
„Die Verbreitung im großen Teil der Bevölkerung ist schon sehr zurückgegangen“, sagt Grote. „Wenn wir das an der einen oder anderen Stelle ein bisschen lockern, glaube ich schon, dass man das trotzdem beibehalten kann, dass wir kein rasantes Wachstum in der Ausbreitung des Virus mehr bekommen.“
Die Reise nach Sylt oder zu anderen Orten an der Küste fällt in der Corona-Krise aus. Als Trostpflaster holt sich manch verhinderter Urlauber das Symbol für Nord- und Ostseeferien nach Hause: Strandkörbe sind gerade enorm nachgefragt.
Seit 16 Jahren verkauft Kay Gosebeck Strandkörbe. Doch was in der Corona-Krise passiert, hat er noch nicht erlebt. „Bei uns ist Land unter, wir werden erschlagen mit Aufträgen“, sagt der 62 Jahre alte Gründer der Strandkorbmanufaktur Buxtehude.
Fast 4000 Klicks zählt er derzeit am Tag auf der Website seines niedersächsischen Unternehmens. „Die Leute haben viel Zeit, sie sitzen am PC.“Von jedem zweiten Kunden höre Gosebeck am Telefon: „Der Urlaub ist abgesagt und stattdessen möchten wir einen Strandkorb im
Garten haben oder auf dem Balkon.“
Wegen der Pandemie sind die Inseln an Nord- und Ostsee für Urlauber tabu. Und Gosebeck musste das Ladengeschäft vor einigen Wochen schließen. „März, April, Mai – das sind die drei Monate, wo wir 50 Prozent unseres Jahresumsatzes fahren. Aber wir merkten gleich am nächsten Tag, dass die uns hier umlaufen mit Online-Aufträgen.“Es sei der beste März seit Firmengründung geworden.
Auch auf Sylt, in der Strandkorbmanufaktur in Rantum, sind derzeit alle Mitarbeiter der Produktion beschäftigt. Die Auftragslage sei noch gut, sagt André Möller, Schwiegersohn des Firmeninhabers. In der großen Lagerhalle stehen den Winter über rund 1000 Strandkörbe, die die Manufaktur an Hotels, Restaurants und Ferienwohnungen
vermietet. Jetzt ist die Halle fast leer. In Handarbeit entsteht in der Werkstatt von „Sylt Strandkörbe“ein Strandkorb. Ungefähr fünf am Tag werden in der Manufaktur gebaut.
70 Prozent der Produktion gehen traditionell aufs Festland – nach Bayern, ins Rheinland und ins Frankfurter Umland beispielsweise. „Die meisten Strandkörbe gehen an Privatleute“, sagt Möller. Sie wollten etwas mitnehmen von ihrer Lieblingsinsel.
Gilt das auch in der CoronaKrise, in der Sylt in unerreichbare Ferne rückt? „Es wird online schon ganz gut bestellt“, sagt Svenja Möller-Trautmann, Möllers Frau. Die Tischlerin ist gerade dabei, ein Strandkorb-Unterteil zusammenzubauen. Aber man merke schon, dass die Laufkundschaft fehle. Viele wollten sich ihren Stoff vor Ort aussuchen, einmal anfassen, Probe sitzen, sagt sie. Die Strandkorbmanufaktur in Buxtehude hat angesichts der großen Nachfrage die Dienstpläne neu aufgestellt:
„Wir arbeiten zwölf Stunden am Tag, einige arbeiten am Sonnabend hier“, erklärt Gosebeck. Auch über Ostern seien Schichten geplant.
zu zähle ich zum Beispiel, dass man in sich gehen und sich selbst reflektieren kann, um dann auch mal die kleinen Dinge zu schätzen zu wissen, die man sonst viel zu oft als normal angesehen hat.
Ich versuche, alles wirklich auf das Nötigste zu beschränken. Alle drei Tage einkaufen zu gehen schaffe ich nicht, weil ich Wert darauf lege, frisch einzukaufen. Aber ich laufe nicht drei Mal am Tag los. Es kann durchaus passieren, dass ich noch einmal losgehe, weil ich eine ganz zauberhafte ältere Nachbarin habe. Da klopfe ich zwischendurch mal ab und frage nach, ob es etwas gibt, das sie braucht. Im privaten Umfeld beschränke ich mich auf das absolut Nötigste und versuche, mein Umfeld so klein wie möglich zu halten. Es ist schwer, aber da bin ich kein Einzelfall. mich einer der größten
Einschnitte.
Geht das, was wir bisher als “aufgeklärten Westen” kannten, durch die Corona-Krise endgültig unter? Wahrscheinlicher ist das Gegenteil. Eine Wiederauferstehung dieser Idee. Denn ihre inneren Gegner, allen voran Donald Trump und Boris Johnson, erleben gerade ihr Waterloo. Die beiden stehen stellvertretend für eine Bewegung, die für Wissenschaften (etwa Trump beim Klimawandel) oder „Expertentum” (Johnson beim Brexit) nur Verachtung übrig hat und glaubt, alles am besten zu wissen. Das Coronavirus aber straft diese Form der Ignoranz gnadenlos ab. Es lässt sich nicht zum Sündenbock machen, es lässt sich nicht einschüchtern. Es ist einfach da. Mit voller Wucht.
Anders als in der Türkei, Russland oder China können Kritiker des Regierungshandelns im Westen nicht einfach mundtot gemacht werden. Und so tritt die Stümperhaftigkeit dieser Populisten besonders grell zu Tage. Sie versagen zudem an einer zentralen Stelle: dem Versprechen des Staates an seine Bürger, den maximal möglichen Schutz für ihr Leben zu gewährleisten. Am Ende wird eine kritische Masse in der Bevölkerung dieser Länder das erkennen und bei den nächsten Wahlen Konsequenzen ziehen. Als Erstes, so ist zu hoffen, könnte es Trump im November erwischen. Selbst gegen einen blassen Konkurrenten Joe Biden. Verdient wäre es allemal. Und ein Zeichen der Hoffnung: Der gesunde Menschenverstand hätte gesiegt.
CHRISTIAN BURMEISTER
WASHINGTON
Massengräber mitten in New York – weil so schnell so viele Menschen sterben, dass auf den Friedhöfen der Stadt kein Platz mehr ist. Die Bilder von der Insel Hart Island im New Yorker Stadtbezirk Bronx haben Amerika geschockt. Am Wochenende wird die Gesamtzahl der Corona-Toten in den USA mit mehr als 20 000 die von Italien und Spanien deutlich übersteigen. Am Freitag allein starben 2000 Menschen an Covid19, inzwischen sind mehr als 500000 positiv getestet worden.
Und Donald Trump? Er hält täglich eine Pressekonferenz ab – ein Novum in seiner Amtszeit. US-Journalisten haben mitgerechnet: Im Schnitt spricht er von den 90 Minuten etwa
Donald Trump, US-Präsident, zur Frage, ob und wann er Lockerungen von den Corona-Kontaktsperren im Land zulässt. 70 Minuten selbst. Das Problem: Er tut dies weitgehend kenntnisfrei. So sprach er zuletzt über Antibiotika und das Problem mit Antibiotikaresistenzen. Aufgrund dieser Resistenzen könnten Antibiotika dem „brillanten Feind Corona“nicht beikommen. Jeder angehende Medizinstudent weiß aber, dass Antibiotika nur gegen Bakterien helfen - nicht aber gegen Viren wie Corona.
Trumps Empfehlung an schwer Erkrankte, das ungetestete Malaria-Medikament Hydroxychloroquin zu schlucken
(„Nehmt es einfach, was habt ihr zu verlieren“) führte dazu, dass mehrere US-Bürger Chlorbleiche tranken. Mindestens ein Mensch starb daran. Dass Trump laut US-Medien indirekt an der französischen Herstellerfirma des Medikaments beteiligt ist, ist da fast schon eine Randnotiz.
Die Behauptung des US-Präsidenten, er sei durch die Fachleute der US-Regierung erst sehr spät über die zu erwartende Dynamik der Corona-Krise informiert worden und habe deshalb erst spät gehandelt, ist längst widerlegt. Immerhin hat Trump inzwischen versprochen, Fachleute enger einzubeziehen. Er selbst liebäugelt aber gegen den Expertenrat weiter mit einer schnellen Lockerung der Beschränkungen. „Das wird die schwerste Entscheidung meines Lebens“, klagte er jetzt.
Auch in anderen Ländern wirbelt das schlechte Management von Populisten die Verhältnisse durcheinander. In Brasilien kündigte Präsident Jair Bolsonaro („Corona ist wie eine Erkältung“) die Entlassung seines Gesundheitsministers Luiz Henrique Mandetta an, der eine landesweite Ausgangssperre verhängt hatte. Doch das mächtige Militär stellte sich hinter Mandetta. Ex-Offizier Bolsonaro musste klein beigeben. Seine Autorität ist schwer angeschlagen.
Auch in Russland gerät Präsident Wladimir Putin langsam unter Druck. Kürzlich hatte er noch medizinisches Material und Personal nach Italien und New York schicken lassen. Doch im eigenen Land herrscht Mangel. „Die Belastung der Gesundheitsdienste hat stark zugenommen. Sie stoßen an ihre Grenzen“, erklärte Moskaus Vize-Bürgermeisterin Anastassija Rakowa am Samstag. Und: Man stünde erst am Anfang der Probleme, sagte sie.
In der Türkei hat die Regierung von Recep Tayyip Erdogan ein Ausgangsverbot für 31 Städte verkündet – zwei Stunden vor Inkrafttreten. Das führte dazu, dass sich vor Supermärkten schlagartig riesige Menschenmengen bildeten. Ideal für die Verbreitung des Virus.