Der Tag, an dem die Beatles zerbrachen
Paul McCartney besiegelte das Ende der Band
Vor 50 Jahren endete eine der größten Erfolgsgeschichten der Popmusik, als Paul McCartney den Bruch der Beatles öffentlich machte. Die Nachricht ging um die ganze Welt, die Epoche der „Fab Four“war vorbei. Doch der Abschied im April 1970 hatte sich schon lange abgezeichnet.
Die berühmteste Band der Welt verschwand nicht mit einem Knall, sondern mit einer banalen Pressemitteilung zu Paul McCartneys erstem Soloalbum. Darin erklärte er, dass seine Songschreiber-Partnerschaft mit
John Lennon beendet und seine Zeit bei den Beatles vorbei sei. Der „Daily Mirror“brachte die Hiobsbotschaft am 10. April 1970 als erste Zeitung mit der Schlagzeile: „Paul quits the Beatles“(Paul verlässt die Beatles). McCartneys Abschied kam aber nicht wirklich überraschend: Die vier Musiker aus Liverpool – McCartney, Lennon, George Harrison und Ringo Starr – waren schon länger auseinandergedriftet.
Früher funktionierte die Zusammenarbeit zwischen Lennon und McCartney ohne Worte. „Wir schauten uns nur an“, sagte McCartney der britischen BBC. „Er dachte sich etwas aus, ich dachte mir etwas aus, und wir inspirierten uns einfach gegenseitig.“Doch bereits mit dem „White Album“von 1968 wurde der tiefe kreative Spalt zwischen den beiden deutlich. Gegensätzlicher hätten zwei Songs kaum sein können als Lennons exzentrische Komposition „Revolution 9“und McCartneys zuckersüße Melodie „Ob-La-Di, Ob-La-Da“. Im selben
Jahr stiegen sowohl Harrison als auch Starr für kurze Zeit bei den Beatles aus. Lennon hatte zudem in der Avantgarde-Künstlerin Yoko Ono seine „Göttin der Liebe“gefunden, die – entgegen einer unausgesprochenen Bandregel – an StudioSessions teilnahm. Er heiratete seine Yoko am 20. März 1969, acht Tage nach McCartneys Hochzeit mit der US-Fotografin Linda Eastman.
Während das Paar McCartney/Eastman im engen Kreis auf dem Standesamt heiratete, nutzten Lennon und Ono das riesige öffentliche Interesse, um gegen den Vietnam-Krieg zu protestieren. Sie luden die Presse zu ihren „Bed-ins“im Hotelzimmer ein, um ihre Botschaft „Make Love Not War“unters Volk zu bringen. Im Sommer 1969 wollte schließlich auch Lennon gehen. In einem Gespräch mit „SiriusXM“erinnerte sich McCartney: „Es gab ein Treffen, bei dem John hereinkam und sagte: ,Ich verlasse die Band.‘“Doch die anderen Beatles überredeten Lennon, seine Entscheidung geheim zu halten, um die nächsten Veröffentlichungen nicht zu gefährden. Das Album „Abbey Road“mit dem berühmten Zebrastreifen-Coverfoto erschien wenige Wochen später. Und trotz aller internen Spannungen verkaufte sich das Meisterwerk rund 15 Millionen Mal. Es war ein letzter Kraftakt der Beatles: „Wir hatten die Gruppe zusammengehalten, um ,Abbey Road‘ zu beenden“, sagte Starr später.
Paul McCartney zog sich daraufhin desillusioniert auf seinen Bauernhof in Schottland zurück. Gerüchte, dass er tot sei, hatten die Runde gemacht – deshalb schickte das US-amerikanische „Life Magazine“im Herbst 1969 ein Team nach Schottland und zeigte den Sänger mit seiner Familie auf der Titelseite: „Paul is still with us“(Paul ist immer noch da). Eigentlich ließ McCartney bereits damals die Bombe platzen: „Die Beatles-Sache ist vorbei. Sie ist explodiert, teils durch das, was wir getan haben, und teils durch andere Menschen.“
Fans hofften jahrelang auf ein Revival der Beatles, – bis zu jenem tragischen Dezembertag 1980, als John Lennon von einem geistesgestörten Fan erschossen wurde. George Harrison starb 2001 an Krebs. Ringo Starr veröffentlichte knapp zwei Dutzend Soloalben und machte auch ein bisschen Karriere mit Filmen.
Nur Paul McCartney verwaltet in gewisser Weise das Beatles-Erbe und blieb Lennon tief verbunden: „Ich liebe es, wenn Leute im Traum zu einem zurückkehren. Ich habe oft Band-Träume“, gestand er 2019 in „The Late Show with Stephen Colbert“. „Ich träume oft von John.“