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DAMIT LOCKERUNGEN MÖGLICH WERDEN: Experten fordern Mundschutzpflicht in Bahnen, Schulen und am Arbeitsplatz. Die wichtigsten Fakten
Die übergroße Mehrheit der Hamburger verhält sich in der CoronaKrise äußerst vorbildlich. Auch deshalb ist es gelungen, den exponentiellen Anstieg der InfiziertenZahlen zu stoppen, auch deshalb sind in den Kliniken noch viele Betten frei. Bundesregierung und Senat haben das Leben der Hamburger auf dramatische Weise eingeschränkt und an die Vernunft der Bürger appelliert – erfolgreich. Doch in einem Punkt hält der Senat die Bürger dumm: Er veröffentlicht keine Zahlen, wie viele Infizierte es in den einzelnen Stadtteilen gibt, obwohl diese Zahlen vorliegen. Was in Norditalien selbstverständlich ist – dort kann man für jedes Nest die Covid-19-Zahlen online abrufen –, will der rot-grüne Senat unterm Deckel halten.
Warum? Traut man den Hamburgern und ihrer Urteilsfähigkeit nicht? Diese Nicht-Information passt nicht in eine aufgeklärte Stadtgesellschaft, in der man auf die Vernunft der Bürger setzt. Zudem haben wir ein Recht darauf zu wissen, wie es in unseren Stadtteilen wirklich aussieht. Greift das Virus um sich? Verschwindet es?
Und auch für die Frage, wie es weitergeht, sind diese Infos relevant. Denn die Stadt, das war von Anfang an klar, ist unterschiedlich getroffen. Vor allem Skifahrer haben das Virus nach Hamburg gebracht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass in den wohlhabenden Bezirken (nach den spärlichen Zahlen, die es ab und an dazu gab) weit mehr Fälle pro Kopf auftraten als in weniger wohlhabenden.
Aktuell sieht es so aus: Runtergerechnet auf Fälle pro 100 000 Einwohner belegt der Bezirk Altona mit 240 erfassten Infizierten pro 100 000 Einwohnern den ersten Platz. Es folgen Eimsbüttel mit 227 Infizierten, Wandsbek (212) und Nord (211), Mitte (196), Harburg (151) und Bergedorf mit 131 Fällen pro 100 000 Einwohner.
Und daher wäre es angebracht, auch die Exit-Strategie lokal anzupassen. In Kirchwerder etwa ist Social Distancing leichter als in Ottensen, in Billstedt ist die Bevölkerung viel jünger und damit weniger gefährdet als in Blankenese. Wenn wir nur etwa halb so viele Corona-Zahlen in den Bezirken Harburg und Bergedorf haben wie in Altona und Eimsbüttel, ist es fraglich, ob manche massiven Restriktionen dort nicht früher gelockert werden können – während sie woanders immer noch nötig sein könnten.
So wie es passende regionale Lösungen für die massiv unterschiedlich betroffenen Bundesländer geben sollte, müssen wir debattieren, ob nicht zum Beispiel in einigen Stadtteilen Kitas und Schulen eher öffnen können als in anderen. Das mag auf den ersten Blick ungerecht erscheinen. Aber darum geht es nicht. Auch das Virus trifft jeden anders. Jetzt geht es um möglichst pragmatische Lösungen, um so viel normales Leben wie möglich und so viel Schutz wie nötig zu realisieren. Natürlich ist es verlockend, gleiche Regeln für alle zu haben. Aus Sorge, dass sonst niemand mehr durchblickt, aus Angst vor Disziplinlosigkeit. Deshalb dürfen die Bezirke in Hamburg keine eigenen, für ihren Bereich angemessenen Beschlüsse fassen. Deshalb gibt der Senat vieles nicht preis, was er weiß: Infos über Stadtteile, betroffene Altersgruppen und Berufe oder Geschlechterunterschiede.
„Wir ziehen an einem Strang und lösen die Corona-Herausforderung als Stadt – gemeinschaftlich“, erklärt der Senat auf MOPO-Anfrage zur Begründung.
Doch je länger die Restriktionen anhalten, und das werden sie in Teilen ja noch monatelang, desto besser müssen die Regeln begründet werden. Sonst verlieren sie an Akzeptanz. Dafür müssen die Bürger umfassend informiert sein, anstatt absichtlich im Unklaren gelassen zu werden. Herrschaftswissen in den Händen weniger ist da schlicht unpassend.
Also bitte: Nehmt die Bürger ernst, haltet sie nicht künstlich unwissend.