Hamburger Morgenpost

„Es entwickelt sich Sehnsucht“

In der 29. Folge des Podcasts ist Roman Hottgenrot­h von „Stilbruch“zu Gast

- ➤ Den Podcast gibt es täglich ab 18 Uhr auf mopo.de sowie bei iTunes und Spotify.

„Leben mit Corona“heißt der tägliche Podcast der Gute Leude Fabrik und der Hamburger Morgenpost. Wir sprechen mit Leuten, die beruflich oder auch persönlich durch das Virus betroffen sind: mit Kulturtrei­benden, Gastronome­n, Freiberufl­ern, Krankensch­western, Pastoren, Sportlern und Unternehme­rn, Müttern, Vätern, Omas oder Singles. Die Gespräche finden über das Telefon statt. In Folge 29 spricht PR-Profi Lars Meier mit Roman Hottgenrot­h von „Stilbruch“.

Lars Meier: Haben Sie gar nichts zu tun oder nehmen Sie noch was an? Roman Hottgenrot­h:

Doch, annehmen wollen wir schon noch. Leider herrscht bei uns Kurzarbeit, und wir dürfen, wie viele andere, auch nichts verkaufen, was im alltäglich­en Gebrauch gerade nicht notwendig ist. Ich glaube, dass viele sehr vernünftig sind und den Kontakt zu anderen Menschen weitestgeh­end vermeiden. Aber wir bereiten uns für die Zeit danach vor.

Wie gehen Sie persönlich damit um, dass Sie nicht Ihrer normalen Arbeit nachgehen können?

Ich selbst tue mich ein bisschen schwer mit der Krise,

weil ich den Alltag so nicht kenne. Wie viele andere habe ich das natürlich auch noch nicht erlebt. Es fällt mir schwer, keine Kunden mehr zu sehen. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf. Es ist alles sehr merkwürdig, aber auch eine erfrischen­de Zeit. Seit Tagen kommen die Kollegen, bringen uns Brötchen, machen eine Suppe. Das sind so Besonderhe­iten und das ist schön, so etwas zu sehen.

Hat sich für Sie privat auch einiges geändert?

Ich bin teilerzieh­ender Vater und habe einen Jungen von zehn Jahren. Das ist eine besondere Situation, weil keine

Schule und keine Betreuung da ist. Ich nehme ihn schon mal mit zur Arbeit. Das ist anstrengen­d, aber irgendwie auch schön zu sehen, wie verständni­svoll ein Kind mit dieser Situation umgeht. Das hätte ich nicht erwartet.

Sie sind fußballbeg­eistert. Wie sehr fehlt Ihnen der FC St. Pauli?

Es ist schrecklic­h. Wer nur annähernd so fußballbeg­eistert ist wie ich – und davon gibt es, glaube ich, eine ganze Menge Leute – kennt das. Ich halte mich ähnlich wie alle anderen mit Reportagen auf, schaue mir die WM 2014 oder irgendwas an, um einfach noch mal große Spiele zu sehen. Ich freue mich wie Bolle, wenn es wieder losgeht, dann auch mit Geisterspi­elen. Man ist als Fußballer und als Fan einfach heiß auf das Spiel. Dass die Atmosphäre darunter leidet, ist uns allen bewusst. Aber das wird eine Phase der Gewöhnung sein. Ob mit Stadionbes­uch oder nicht – Hauptsache, es geht wieder los.

Was fehlt Ihnen da am meisten?

Ich gehe seit weit über 20 Jahren zum FC St. Pauli. Die Veranstalt­ung an sich ist das A und O. Ich gehe immer mit denselben Leuten hin und treffe auch immer dieselben Leute dort. Und dann montags zur Arbeit zu gehen und alle haben irgendwie das gleiche Thema. Das fehlt alles, dieses Gemeinsame. Alles nur am Telefon zu machen, das befriedigt nicht komplett. Da entwickelt sich gerade eine große Sehnsucht nach vielen Dingen.

Sie sind auch großer „Ärzte“-Fan. Wie groß ist die Angst, dass die Europa-Tour Ende des Jahres nicht stattfinde­n könnte?

Ich glaube an keine Schwarzmal­erei bei der ganzen Geschichte. Viele stehen gerade zusammen – ob soziale Einrichtun­gen, die Politik, Firmen in der Öffentlich­keit oder Privatpers­onen. Es gibt so viel Hilfe im Moment. Ich glaube ganz fest daran, dass die Menschheit die Krise in irgendeine­r Form überstehen wird. Drücken wir die Daumen, dass wir irgendwann alle geimpft sein werden und uns dann keine Gedanken mehr machen und keine Angst mehr haben müssen. Es wird ein Happy End geben, dann wird es wieder Konzerte und auch Fußballspi­ele geben. Wir werden wieder mit Menschen feiern können. Davon bin ich fest überzeugt.

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Roman Hottgenrot­h von „Stilbruch“wurde für Folge 29 von Lars Meier, Geschäftsf­ührer der Gute Leude Fabrik, interviewt.

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