Hamburger Morgenpost

Kandidaten im „Corona-Test“

Trotz Pandemie: Die Suche nach Merkels Nachfolger geht weiter

-

BERLIN - Während Millionen Deutsche daheim oder zu zweit bei Spaziergän­gen Ostern feierten, positionie­rten sich drei Politiker vor Kameras. Der eine in Düsseldorf, der andere in München, ein Dritter, hemdsärmel­ig, im Sauerland. Armin Laschet, Markus Söder und Friedrich Merz. Tenor ihrer Videobotsc­haften: Wir können Krise.

Spätestens da wurde klar, worum es im Schatten der Corona-Pandemie auch noch geht: um die Kanzlerkan­didatur der Unionspart­eien. Das C-Problem mischt sich also mit der K-Frage. Es geht nicht nur um Krise, sondern auch um Macht, oder besser: darum, wer künftig im Land das Sagen hat.

Die Union hat noch nicht geklärt, wen sie bei der Bundestags­wahl im kommenden Jahr als Kanzlerkan­didaten ins Rennen schickt. Die Parteivors­itzenden haben die besten Karten. Söder ist schon CSU-Chef. Laschet bewirbt sich um die CDU-Führung, die Annegret KrampKarre­nbauer abgeben will. Und Merz ist als Dritter im Spiel.

Eigentlich sollte über den Parteivors­itz Ende April entschiede­n werden. Wegen Corona ist der Sonderpart­eitag abgesagt. Die höheren Umfragewer­te für die Union aber haben alle registrier­t. Bei 37 bis 38 Prozent haben CDU/CSU lange nicht gelegen, es ist der Krisenbonu­s für die Regierungs­partei.

Er denke an Corona, wenn er ins Bett gehe und wenn er aufwache, sagt Laschet im ZDF-„Morgenmaga­zin“. Söder pfeift die ARD-Talkerin Anne Will an, als die fragt, ob sich Laschet an einem Punkt gegen ihn durchgeset­zt habe: „Finden Sie die Frage der Sache wirklich angemessen?“Im dpa-Interview versichert er: „Die Frage, wie es im nächsten Jahr weitergeht, spielt überhaupt keine Rolle für mich.“Und Merz? Über Personalfr­agen könne man nach der Krise reden, sagte er.

In Wahrheit wetteifern Söder

und Laschet gerade um den Titel des besten Krisenmana­gers – in unterschie­dlichen Rollen. So gibt Söder den harten Hund, den zu allem Entschloss­enen, den Drängler. Er lässt sein Kabinett früh Kontaktver­bote beschließe­n und die Verschiebu­ng des Abiturs. Zum Teil kommen die Beschlüsse, nur wenige Stunden nachdem die anderen Ministerpr­äsidenten ein einheitlic­hes Vorgehen beschlosse­n haben. Schon wird dem Bayer mangelnde Solidaritä­t vorgeworfe­n. Momentan warnt er davor, die Beschränku­ngen zu früh aufzuheben. Doch für die Osteranspr­ache vor der freistaatl­ich-bayerische­n Schrankwan­d wählte Söder einen gütigen Blick und eine sanfte Stimme. Das Rollenspie­l

zahlt sich aus: Söders Umfragewer­te steigen. Bei der Frage nach dem besten Unionskanz­lerkandida­ten hat er in einer Befragung des Yougov-Instituts Merz von der Spitze verdrängt. Laschet liegt weit dahinter auf Platz drei. Beim Thema Führungsst­ärke und Durchsetzu­ngskraft schneidet Söder mit 72 Prozent bei Forsa nur ein wenig schlechter ab als Kanzlerin Angela Merkel. Finanz-, Gesundheit­s- und Wirtschaft­sminister landen auf den nächsten Plätzen, bis dann auch mal Laschet auf der Skala erscheint.

Laschet geht bedächtige­r vor, sucht den Kompromiss und plädiert für ein gemeinsame­s Vorgehen der Länder. Dafür demonstrie­rte er bei seiner Osteranspr­ache Ent

schlossenh­eit: Er sprach schnell, machte kaum Pausen und verkniff sich sein sonst so typisches schalkhaft­es Lächeln. Bei einer Telefonkon­ferenz mit den anderen Ministerpr­äsidenten vor einigen Wochen legte er ein Konzept vor, das er mit mehreren Ländern besprochen hatte – nur nicht mit Bayern. Söder reagierte beleidigt, die Kanzlerin musste beschwicht­igen. Jetzt ist Laschet erneut vorgepresc­ht. Er hat Experten eine Exitstrate­gie erarbeiten lassen, parallel zu den Expertisen, die die Bundesregi­erung in Auftrag gegeben hat.

Einer sieht sich das Ganze von zu Hause an: Friedrich Merz meldete sich zu Beginn der Krise coronakran­k und ließ die Öffentlich­keit via Twitter ans Krankenbet­t treten, Fieber-Husten-Protokoll inklusive.

Ohne Regierungs­amt hat er derzeit das Nachsehen, Umfragen zeigen das. Doch Merz hat noch einen Trumpf im Ärmel: Im Wahlkampf sei vermutlich die Wirtschaft­spolitik das beherrsche­nde Thema, sagte er jüngst. Und eigentlich gibt es nur einen Politiker, den er da für kompetent hält – wen wohl?

 ??  ?? Wer bewährt sich als „Manager“in der Krise? NRW-Landesvate­r Armin Laschet, Friedrich Merz oder CSU-Chef Markus Söder (v.l.)?
Wer bewährt sich als „Manager“in der Krise? NRW-Landesvate­r Armin Laschet, Friedrich Merz oder CSU-Chef Markus Söder (v.l.)?
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany