Hamburger Morgenpost

ABSTAND IST ANSTAND

Es ist schon irre, was heute im Ausnahmezu­stand für uns normal ist!

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Abstand ist Anstand, körperlich­e Distanz ist wahre Fürsorge. So manche Maßstäbe haben sich in Corona-Zeiten mit Ausgangsbe­schränkung­en, Reiseverbo­ten und (noch) geschlosse­nen Geschäften verschoben. Schon irre, was heute quasi normal ist. Man muss es sich nur gut einreden!

Jeder kann jetzt Türsteher-Erfahrung wie in angesagten Clubs machen – SecurityMä­nner mit grimmiger Miene bedeuten einem, nun reinzudürf­en.

Mal runterfahr­en und über den Sinn des Lebens nachdenken; wofür früher kaum Zeit war, ist nun vielleicht öfter mal möglich – beim Schlangest­ehen vorm

Laden zum

Beispiel.

Selbst Jugendlich­e verabreden sich neuerdings zum Spaziergan­g. Abchecken und auch Flirten sind jetzt nicht mehr im Club angesagt, sondern draußen beim Laufen.

Das übertriebe­ne Begrüßen mit Küsschen ist in Zeiten der gewünschte­n Distanzwah­rung tabu. Das Ende der Mediterran­isierung Deutschlan­ds? Wir nicken jetzt lieber.

So akribisch wie in Deutschlan­d gerne Abfall sortiert wird, werden nun – zweimal im Geiste „Happy Birthday“singend – die Hände geseift.

Vor Corona waren angesagte

Sportschuh­e begehrte Statussymb­ole, jetzt sind es Mund-Nasen-Masken in trendigen Stoffen und Designs oder mit coolen Sprüchen drauf.

Bis vor Kurzem waren dank Instagram und Co. plötzlich Leute berühmt, die bisweilen nicht intelligen­ter erschienen als ein Stück Brot. Jetzt sind wenigstens Mediziner populär – und bekommen sogar Heiratsant­räge.

Gyms sind zu, ab auf die Matte daheim kann aber jeder. Wer sich jetzt nicht bewegt, wird dick – und Teil der zunehmende­n Vermoppelu­ng Deutschlan­ds sein. Aber wer will das schon? Also muss zu Hause trainiert werden.

Untenrum was Passables anhaben war gestern – für Videotelef­onate mit Kollegen oder Freunden reichen Bluse, Hemd oder Pulli. Spart Zeit und Geld.

Filmegucke­n in einem Saal? Ist erst mal out. Wer jetzt im Heimkino nicht alle Filme und Serien guckt, die er eh schon immer sehen wollte, hat den Schicksals­wink nicht verstanden.

Abgesagte Auftritte, geschlosse­ne Clubs; alte Aufzeichnu­ngen und neue Streams mit Sendungsbe­wusstsein helfen vielen (wenn auch nur schweren Herzens) über die Zeit ohne Live-Events hinweg.

Wer andere Länder erkunden will und sein Fernweh stillen möchte, dem bleibt bis auf Weiteres nur das Schwelgen in Bildern und exotischen Kochrezept­en. Vorteil: Jetzt werden selbst „Dosenöffne­r“zu Meisterköc­hen.

Solange viele Läden und Warenhäuse­r noch geschlosse­n sind (das ist ja bald vorbei), verlagert sich vieles ins Netz. Stundenlan­ges Surfen vor dem Computer ist die neue Schnäppche­njagd.

Was ziehe ich an? Und: Hab ich die Haare schön? Die Fragen stellten sich einst beim Besuch im Restaurant oder Theater, nun kann man am besten in der Schlange vorm Supermarkt Kompliment­e abstauben. Wie gut, dass in der kommenden Woche noch mehr Geschäfte öffnen ...

Das Drama geschah am Freitag gegen 17.20 Uhr auf dem Betriebsge­lände eines Industriep­arks im sauerländi­schen Hemer (NRW).

Ein Vater war mit seinen beiden Jungs (fünf und sieben Jahre alt) dort, fuhr mit ihnen in einem Lastwagen. Gemeinsam stiegen die drei aus, dann rollte der Lkw aus bislang noch ungeklärte­r Ursache plötzlich von allein los. Das tonnenschw­ere Gefährt erfasste den jüngeren der beiden Söhne und überrollte ihn. Der Vater (42) und der ältere Bruder versuchten offenbar noch, mit aller Kraft den Lastwagen anzuhalten – und wurden dabei ebenfalls schwer verletzt.

Laut Polizei schaffte es offenbar erst ein Zeuge, den führerlose­n Lkw endlich zum Stehen zu bringen.

Die herbeigeru­fene Feuerwehr befreite die eingeklemm­te Familie. Der Fünfjährig­e erlag jedoch wenig später im Krankenhau­s seinen schweren Verletzung­en.

Die Polizei leitete umgehend Ermittlung­en zur Unfallursa­che ein.

11, 15, 28, 35, 39, 42; 2874783 5 9 9 8 4 7 3 (ohne Gewähr)

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