Hamburger Morgenpost

Hannelore Elsner: Das TV-Vermächtni­s

Sie spielte die Rolle, als sie schon todkrank war

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Vor einem Jahr starb Hannelore Elsner an Krebs. Jetzt kommt ihr Vermächtni­s ins Fernsehen. In „Lang lebe die Königin“leistet die damals schon todkranke Schauspiel­erin fast Übermensch­liches.

Was muss das für ein Gefühl sein, eine todkranke Frau zu spielen, wenn man selbst sterbenskr­ank ist? Vor gut einem Jahr, am 21. April 2019, starb Hannelore Elsner mit 76 Jahren an Krebs. Kurz zuvor hatte sie noch für ihren letzten Film vor der Kamera gestanden – als krebskrank­e Mutter. In „Lang lebe die Königin“spielt sie die rabiate und oft gnadenlose Mutter Rose Just, die unheilbar erkrankt ist und trotzdem nicht damit aufhören kann, ihrer Tochter das Leben schwer zu machen. Heute zeigt das Erste den Film. Weil ihre Krankheit während der Dreharbeit­en übermächti­g wurde, sprangen fünf hochkaräti­ge Schauspiel-Kolleginne­n ein, um die fehlenden Szenen zu drehen, die Elsner selbst nicht mehr vollenden konnte: Iris Berben, Gisela Schneeberg­er, Hannelore Hoger, Eva Mattes und Judy Winter. Es ist ein Konzept, das US-Regisseur Terry Gilliam in Hollywood auch schon anwandte, als Heath Ledger 2008 während der Dreharbeit­en zu seinem letzten Film „Das Kabinett des Doktor Parnassus“starb. Für ihn sprangen damals Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell ein.

„Hannelore Elsner hat ihren Beruf sehr geliebt“, sagt Iris Berben. „Und der Beruf hat auch Hannelore Elsner sehr geliebt. Dass ich in diesem Film eine Szene übernommen habe, die sie nicht mehr spielen konnte, war eine letzte Verneigung vor ihr.“Judy Winter: „So haben wir ihr zeigen können, wie sehr wir sie als Schauspiel­erin geschätzt haben.“Die fünf Schauspiel­erinnen treten nun jede in jeweils einer Szene auf – und zeigen damit auch, was Schauspiel­Deutschlan­d mit Elsner verloren hat. So herausrage­nd die fünf in ihren eigenen Rollen sicher sind – Elsner spielt sie als Rose, eine zerrissene Persönlich­keit zwischen Lebenslust und erbarmungs­loser Härte, posthum alle an die Wand. An Elsners Seite glänzt Günther

Maria Halmer als bedingungs­los liebender Partner Werner. Er wurde damals vom Tod seiner Set-Kollegin völlig überrascht. „Alle waren wie vor den Kopf geschlagen“, sagte er. „Die Hannelore hat am Set viel gelacht – sie war eigentlich so, wie ich sie kannte. Und als sie eines Tages mit einer Halskrause erschien, erzählte sie nur, sie hätte sich im Bett verlegt.“

„Sie wollte bis zum Schluss arbeiten, bis zum Schluss das Leben fühlen. Vom Tod wollte sie nie etwas wissen“, sagte ihr Sohn Dominik Elstner, den sie aus einer Beziehung mit dem Regisseur Dieter Wedel hat, bild.de kurz vor dem ersten Todestag seiner Mutter. „Wann immer das Thema zur Sprache kam, wurde sie unwirsch, selbst als es ihr schon sehr schlecht ging.“Genau wie ihre Rolle Rose im Fernsehen. „Den unerschütt­erlichen Glauben, dass alles gut wird, verlor sie nie. Auch nicht, als sie schon ins Krankenhau­s musste.

In „Lang lebe die Königin“nahm Hannelore Elsner ihr eigenes Schicksal, ihren eigenen Tod, in ihrer Rolle vorweg. In ihrer letzten Szene ihres letztes Filmes liegt sie im Sarg. Eine fast unvorstell­bare Kraftanstr­engung der Schauspiel­erin.

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Sie wollte bis zum letzten Tag arbeiten und nicht über ihre Erkrankung sprechen. Hannelore Elsner starb im April 2019.
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Hannelore Elsner als krebskrank­e Rose in dem Film „Lang lebe die Königin“

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