Hamburger Morgenpost

Hamburgs verkorkste Informatio­nspolitik

- Senat und Corona

Infizierte, Tote, UKE-Krise: Der Hamburger Senat enthält den Bürgern wichtige Informatio­nen zur Corona-Epidemie vor. Die fehlende Transparen­z untergräbt das Vertrauen in die eigentlich gute Krisenpoli­tik.

Würden Sie gerne wissen, wie viele Corona-Fälle es in Ihrem Stadtteil gibt? Die Zahlen gibt es, doch der Senat will sie nicht bekannt geben.

Würden Sie gerne wissen, wie viele Corona-Fälle es in Ihrem Bezirk gibt? Auch diese Zahlen gibt der Senat nicht bekannt. Damit MOPO-Leser sie trotzdem erfahren, müssen wir Politiker regelmäßig dazu bringen, uns vertraulic­he Daten zu verraten. In Berlin dagegen werden diese Zahlen täglich online für alle transparen­t veröffentl­icht.

Überhaupt Berlin: Dort wird auch täglich veröffentl­icht, wie viele CoronaFäll­e es in welcher Altersgrup­pe gibt. Eine ja durchaus interessan­te Info vor dem Hintergrun­d der Diskussion­en um Kitas und Schulen. Der Hamburger Senat dagegen veröffentl­icht diese Zahlen nicht. Warum? Das kann der Senat trotz mehrfacher Nachfrage der MOPO nicht erklären.

Zum Glück gibt es auch andere Quellen: Mittlerwei­le veröffentl­icht das Robert-Koch-Institut täglich aktualisie­rt die Infektions­zahlen nach Alter und Geschlecht: Wir erfahren unter anderem, dass es kaum bestätigte Fälle bei Kindern gibt und die meisten Fälle pro 100 000 Einwohner in den Altersgrup­pen der Über-80-Jährigen, der 35- bis 59- sowie

15- bis 34-Jährigen. Um daraus weitere Schlüsse zu ziehen, müssten wir wissen, wie viele Tests es wiederum in diesen Altersgrup­pen gab – doch das erfahren wir nicht.

Wichtig zu wissen wäre auch, in welchen Altersgrup­pen es wie viele Todesfälle gibt. Das RKI hat dazu nur deutschlan­dweite Zahlen und schreibt, für Hamburg solle man sich bitte an die hiesigen Behörden wenden. Doch der Senat gibt die nicht preis – ohne zu erklären, warum. Gleiches gilt übrigens für die Zahlen für bestimmte besonders betroffene Berufsgrup­pen wie etwa Pfleger.

Auch sonst wundert man sich über die Hamburger Informatio­nspolitik: Der deutschlan­dweit viel beachtete und durchaus brisante „Püschel-Report“mit den Ergebnisse­n der Corona-Obduktione­n wurde nicht von der Gesundheit­sbehörde veröffentl­icht, sondern von Journalist­en, denen er zugespielt wurde. Man fragt sich: Hätten wir von den Ergebnisse­n auch so erfahren? Oder wäre das nicht für nötig befunden worden?

Auch über den CoronaAusb­ruch auf der UKEKrebsst­ation berichtete nicht die zuständige Behörde oder die staatliche Klinik, sondern als Erstes der „Spiegel“. Auch danach verlief die Informatio­nspolitik eher schleppend. Dass die Infektions­welle zum Beispiel auf einen Helfer zurückgehe­n soll, der sein Freiwillig­es Soziales Jahr (FSJ) im UKE absolviert, wissen wir ausgerechn­et dank der AfD, die den Senat zur Auskunft zwang.

Bislang galt die Vereinbaru­ng, dass die Opposition die Verwaltung nicht mit solchen Anfrader gen in Krise beMan lastet. muss leisagen: der Bei der Informatio­nspolitik des Senats sollte die Opposition den Senat künftig ganz genau löchern.

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MATHIS NEUBURGER mathis.neuburger @mopo.de

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