„Man merkt, dass die Welt stillsteht“
In der 44. Folge des Podcasts ist Gastronom Björn Hansen von „Griller Instinct“zu Gast
„Leben mit Corona“heißt der tägliche Podcast der Gute Leude Fabrik und der Hamburger Morgenpost. Wir sprechen mit Leuten, die beruflich oder auch persönlich durch das Virus betroffen sind: mit Kulturtreibenden, Gastronomen, Freiberuflern, Krankenschwestern, Pastoren, Sportlern und Unternehmern, Müttern, Vätern, Omas oder Singles. Die Gespräche finden über das Telefon statt. In Folge 44 spricht PR-Profi Lars Meier mit Gastronom Björn Hansen von „Griller Instinct“.
Lars Meier: Eigentlich würde auch für Sie bald die Festival-Saison losgehen, aber das fällt alles aus. Wie ist bei Ihnen die Lage? Björn Hansen:
Die Lage ist unübersichtlich. Man schaut jeden Tag in die Nachrichten, was die Virologen und die Bundesregierung sagen und was die Landesregierungen daraus machen. Dann versucht man für sich daraus zu ziehen, wie wir unter den heute geltenden Rahmenbedingungen agieren. Das ist ziemlich schwierig.
Wie würden Sie heute agieren?
Die Straßen dieser Stadt sind wieder voll. Man hofft, man hat es hinter sich. So scheint das allgemein wahrgenommen zu werden. Ich vermute, dass dem noch nicht ganz so ist und dass es demnächst noch einmal eine ordentliche Delle geben wird.
Sie hatten sehr viel Euphorie. Wie ist das, quasi von 100 auf 0 ausgebremst zu werden?
Das ist schmerzhaft, weil wir mit ziemlicher Euphorie dabei waren. Corona hat da einfach mal die Schranke heruntergefahren. Im Moment ist es ja so, dass wir die Dinge, die verschiebbar sind, in den September verschieben. Aber es ist alles andere als sicher, dass dort wieder etwas stattfinden kann. Das ist wahnsinnig anstrengend, dass man sich permanent neu auf Dinge einstellen kann. Wer will uns schon Sicherheit geben.
Sie helfen mit ihrem Foodtruck auch bedürftigen Menschen in der Krise, zum Beispiel mit der „Soliwurst“. Was ist Ihr Antrieb?
Ich habe mich schon immer wahnsinnig motivieren können für Dinge, bei denen ich einen tieferen Sinn sehe als Gewinnmaximierung. Das ist auf Dauer relativ langweilig. Was mich interessiert, sind Projekte, die einen Zusatznutzen haben für die Gesellschaft. Das Feedback, das wir bekommen, ist meist so, dass wir mit guter Laune nach Hause fahren. Und das ist in Corona-Zeiten ein ziemlich guter Benefit und auch eine Hilfe für uns, durch die Krise zu kommen.
Wie ist St. Pauli gerade in dieser Corona-Zeit unterwegs?
In meiner Wahrnehmung ist der Stadtteil ein wenig in sich zusammengefallen. Türen sind verrammelt, Fenster sind dicht, alle warten ab. Ich kann sagen, dass man Freitag und Sonnabend plötzlich sehr ruhig schlafen kann. Es ist teilweise skurril. Die Stresemannstraße ist so leer, als sei gerade G20-Gipfel. Da merkt man, dass die Welt stillsteht. Das ist ein Stück weit beängstigend, weil man keine richtige Perspektive hat, wie es weitergeht. Das ist ziemlich bedrückend.
Wie gehen Sie persönlich mit der ganzen Situation um?
Ich fahre ab und an in mein Büro, weil ich diesen Tapetenwechsel brauche. Aber ich habe auch ein neues Hobby entwickelt: Ich kaufe mir altes Bauholz und baue Möbel. Das kann ich stundenlang schleifen, um den Kopf freizukriegen. Dann vergesse ich auch mal kurz, dass Corona ist und dass all das, was man an Plänen hatte, weggewischt ist.
Haben Sie auch gerade keine Tageseinteilung mehr?
Dadurch dass ich zwei Kinder habe, gibt es eine gewisse Struktur im Tag. Eine erstaunliche Erkenntnis ist, wie sinnstiftend Arbeit ist. Wenn man so ausgebremst ist und plötzlich verordneten Urlaub hat, ist das eine Woche schön, aber spätestens ab der dritten Woche will man wieder was tun. Vielleicht kann das als Erkenntnis übrig bleiben nach Corona, dass Arbeit keine Last ist, sondern vielleicht auch was ganz Schönes.
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