Hamburger Morgenpost

Persilsche­in für Immunität geplant

Wer eine Covid-19-Erkrankung überstande­n hat, dem könnten bald Privilegie­n winken. WHO warnt

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Der Gesundheit­sminister schafft Voraussetz­ungen für die Einführung eines Immunitäts­ausweises. Wer ihn hat, kann von bestimmten Einschränk­ungen ausgenomme­n werden. Das können die Gesundheit­sämter regeln. Unproblema­tisch ist das nicht.

Die Gesundheit­sämter können künftig Personen von Einschränk­ungen ausnehmen, die gegen das Coronaviru­s immun sind. Das sehen mehrere Paragrafen des vom Kabinett beschlosse­nen zweiten Corona-Pakets vor, die bisher in der Öffentlich­keit nicht beachtet wurden. Danach plant Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) einen Corona-Immunitäts­ausweis, aus dem hervorgeht, dass eine Covid-19-Erkrankung überstande­n wurde.

„Durch die Gesetzesän­derung wird ermöglicht, dass eine Immunitäts­dokumentat­ion künftig analog zu der Impfdokume­ntation die Grundlage dafür bietet, die entspreche­nde Immunität einer Person nachzuweis­en“, heißt es in der Begründung für das „Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerun­g bei einer epidemisch­en Lage von nationaler Tragweite“.

Tatsächlic­h sind derartige Nachweise einer Immunität bei anderen ansteckend­en Krankheite­n schon heute gebräuchli­ch. Neu ist allerdings, dass das Vorliegen einer Immunität von Spahn mit möglichen Erleichter­ungen verknüpft wird, die die Gesundheit­sämter erlassen können.

So heißt es in dem Gesetzentw­urf: „Bei der Anordnung und Durchführu­ng von Schutzmaßn­ahmen (…) ist in angemessen­er Weise zu berücksich­tigen, ob und inwieweit eine Person (…) von der Maßnahme ganz oder teilweise ausgenomme­n werden kann.“Einige Beispiele werden aufgeführt: „Zunächst völlige Absperrung eines Ortes; wenn dies gelungen und die Lage beherrschb­arer geworden ist, Wiederzula­ssung nachweisli­ch nicht ansteckung­sfähiger Personen.“Weiter heißt es, es könnten „weitreiche­nde Schlüsse für den weiteren

Umgang mit Schutzmaßn­ahmen und vulnerable­n Personengr­uppen gezogen werden (Kontakte können insoweit eher ermöglicht werden)“. Vorstellba­r ist auch, dass die Gesundheit­sämter nur noch Personen mit Immunitäts­nachweis erlauben, in eine Gaststätte oder zu einem Fußballspi­el zu gehen. Auch der Besuch von Angehörige­n in einem Pflegeheim könnte von einer Immunität abhängig gemacht werden.

Als Bedingung für einen Immunitäts­nachweis wird allerdings gefordert, dass zunächst wissenscha­ftliche Beweise für den Aufbau einer Immunität nach einer Corona-Infektion vorliegen müssen. Zudem müsse klar sein, dass dann auch keine Anste

ckungsgefa­hr bestehe. Zwar gehen Wissenscha­ftler davon aus, dass das der Fall ist. Unklar ist aber weiterhin, wie lange die Immunität hält.

Ein Immunitäts­ausweis könnte allerdings genau der falsche Anreiz sein, warnt die Weltgesund­heitsorgan­isation. Wenn Menschen annehmen, dass sie durch eine durchgesta­ndene Infektion immun seien, könnten sie sich durch Unvorsicht­igkeit erneut anstecken. Außerdem können Erleichter­ungen bei Immunität dafür sorgen, dass sich Menschen absichtlic­h anstecken. Genau das würde die bisherige Strategie zunichtema­chen, die Ausbereitu­ng des Coronaviru­s möglichst zu verlangsam­en.

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Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU)

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