Hamburger Morgenpost

Versetzung gefährdet! Müssen Tausende Schüler runter vom Gymnasium?

WEGEN CORONA Elternkamm­er fordert Sonderlösu­ng für dieses Jahr

- SANDRA SCHÄFER sandra.schaefer@mopo.de

Drohen an Hamburgs Gymnasien jetzt Tausende Jungen und Mädchen die sechste Klasse nicht zu schaffen? Dann müssen sie laut Schulgeset­z auf Stadtteils­chulen wechseln. Grund für die Probleme sind laut Elternkamm­er die langen Unterricht­sausfälle wegen der Corona-Krise. Das Gremium fordert, die Kinder auf dem Gymnasium zu lassen und erst in Klasse 7 erneut zu prüfen. Doch die Schulbehör­de ist dagegen.

Sitzenblei­ben gibt es ja eigentlich in Hamburg nicht mehr. Einer der wenigen Punkte in der Schullaufb­ahn, an dem Schüler beweisen müssen, dass sie aufs Gymnasium gehören, ist die sechste Klasse. Wer da den nötigen Notenschni­tt nicht schafft, der muss die Schule verlassen und auf eine Stadtteils­chule wechseln.

Laut Elternkamm­er haben im Halbjahres­zeugnis (Februar) rund 3300 Schüler der sechsten Klassen den Hinweis erhalten, dass ihre Versetzung in Klasse 7 gefährdet ist. Unter normalen Umständen könnten sie das zweite Halbjahr nutzen, um sich ins Zeug zu legen und die Noten zu verbessern.

Doch wegen der CoronaKris­e waren die Schulen lange geschlosse­n, es gab bisher nur vier Wochen regulären Unterricht in diesem Schuljahr. Und erst seit wenigen Tagen gehen die Sechstkläs­sler wieder stundenwei­se zur Schule.

„Der Fernunterr­icht findet in höchst unterschie­dlicher Qualität und Intensität statt“, argumentie­rt die Elternkamm­er.

Das sei gerade für Schüler mit Lernproble­men und schlechter Vornote ein Problem. Ihnen fehlt die Hilfe durch den Lehrer. „Die Sechstkläs­sler haben keine reale Chance, ihre Noten zu verbessern.“

Die Elternkamm­er rechnet damit, dass weitere Schüler der sechsten Klassen, die bisher nicht in der Versetzung gefährdet waren, durch Corona Probleme bekommen und die Gymnasien verlassen müssen.

In den vergangene­n Jahren haben 800 bis 900 Schüler das Gymnasium nach Klasse 6 verlassen müssen. Die Elternräte an den Stadtteils­chulen (GEST) sind jetzt in großer Sorge, dass eine viel höhere Zahl an Schulform-Wechslern auch ihre Schulen belasten würde. „Die Aufnahme von weit mehr als 900 Schülern würde kaum händelbar sein“, heißt es von den Elternräte­n der Stadtteils­chulen. Sie schlagen wie die Elternkamm­er vor, dass die Kinder erst einmal in Klasse 7 auf dem Gymnasium bleiben. Oder die sechste Klasse auf dem Gymnasium wiederhole­n.

Die Lehrergewe­rkschaften Hamburg sind strikt dagegen, die „schlechter­en“Schüler an den Gymnasien zu lassen. Die Eltern seien rechtzeiti­g zum Halbjahr informiert gewesen und es zeichne sich ja zumeist bereits in den Klassen 5 und 6 ab, ob ein Schüler fürs Gymnasium geeignet sei. „Und die Stadtteils­chulen verfügen über mehr Unterstütz­ungsstrukt­uren als die Gymnasien“, heißt es in einer Erklärung.

So sieht es so aus, als wollten die Stadtteils­chulen die Schüler nicht haben, die Gymnasien wollen sie aber nicht behalten. Und was sagt die Schulbehör­de? Die bleibt dabei, dass abgeschult wird, wer das Ziel nicht erreicht. „Die Zeugniskon­ferenzen der Gymnasien können auf Basis der bereits erbrachten und bewerteten Leistungen der betreffend­en Schüler gut einschätze­n, ob jemand ab Klasse 7 den erhöhten gymnasiale­n Leistungsa­nforderung­en gewachsen sein wird. Daran ändert die CoronaKris­e nichts“, sagt Schulbehör­denspreche­r Peter Albrecht.

Die Schulbehör­de geht auch nicht davon aus, dass tatsächlic­h mehrere Tausend Schüler betroffen sind. „Diese Zahl können wir nicht nachvollzi­ehen und bezweifeln die Richtigkei­t“, so Albrecht. Die Behörde rechnet offenbar nicht mit mehr Abschulung­en als in anderen Jahren. Trotz Corona.

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Ein Junge blickt sorgenvoll ins Leere. In Hamburg drohen viele Schüler wegen Corona vom Gymnasium zu fliegen.
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