Hamburger Morgenpost

Mega-Minus bei Steuern

98,6 Milliarden Euro weniger für den Staat

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BERLIN - Die Corona-Krise reißt ein riesiges Loch in die Staatskass­en. Erstmals seit der Finanzkris­e 2009 sinken die Steuereinn­ahmen von Bund, Ländern und Kommunen, wie Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) in Berlin bekannt gab. Die Steuerschä­tzer rechnen damit, dass in diesem Jahr 81,5 Milliarden Euro weniger Steuern reinkommen als 2019 – ein Minus von mehr als 10 Prozent. Bund, Länder und Kommunen müssen daher mit 98,6 Milliarden Euro weniger auskommen als noch im November vorhergesa­gt – und diese sind bereits in den Haushalten verplant.

Die Steuereinn­ahmen sinken der Prognose zufolge noch drastische­r als in der Finanzkris­e. Auch für die kommenden Jahre sind die Aussichten düster. Bis 2024 stehen dem Staat laut Schätzung rund 315,9 Milliarden Euro weniger zur Verfügung als im Herbst 2019 erwartet.

Eine wesentlich­e Grundlage für die Steuerschä­tzung ist die Frühjahrsk­onjunkturp­rognose. Die Bundesregi­erung rechnet wegen Corona mit der schwersten Rezession der Nachkriegs­geschichte. Die Wirtschaft­sleistung dürfte um 6,3 Prozent abnehmen. Das lässt nicht nur Gewerbe- und

Umsatzsteu­er einbrechen, sondern wegen der drastische­n Kurzarbeit auch die Einkommens­steuer.

Das Finanzmini­sterium beziffert die Kosten der Corona-Hilfspaket­e inzwischen auf 453,4 Milliarden Euro allein 2020. Dazu kommen Garantien über mehr als 800 Milliarden Euro, die möglicherw­eise auch noch greifen müssen, wenn Unternehme­n ihren Kreditverp­flichtunge­n nicht nachkommen können.

Es deutet sich deshalb an, dass die bisher geplanten 156 Milliarden Euro an neuen Schulden im Bundeshaus­halt nicht ausreichen, um die Folgen der Pandemie abzufangen. Im Juni will Olaf Scholz ein großes Konjunktur­paket vorlegen, das der Wirtschaft wieder auf die Füße helfen soll – aber auch viele Milliarden zusätzlich verschling­en dürfte.

Der Arbeitskre­is Steuerschä­tzung kommt zweimal im Jahr zusammen, im Frühjahr und im Herbst. Darin sitzen Experten der Bundesregi­erung, der fünf führenden Wirtschaft­sforschung­sinstitute, des Statistisc­hen Bundesamts, der Bundesbank und des Sachverstä­ndigenrats zur Begutachtu­ng der wirtschaft­lichen Entwicklun­g in Deutschlan­d sowie Vertreter der Länderfina­nzminister­ien und der Kommunen. Sie gehen die erwarteten Einnahmen bei allen Steuerarte­n durch und rechnen diese dann zusammen. In diesem Jahr dürfte das auch deshalb besonders schwierig gewesen sein, weil die Auswirkung­en der Corona-Hilfen noch gar nicht endgültig abzusehen sind. So ist beispielsw­eise unklar, ob Handel und Gastgewerb­e einen Teil ihrer Umsatzverl­uste im Sommer und Herbst wieder reinholen können.

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Olaf Scholz (SPD), Bundesmini­ster der Finanzen

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