Hamburger Morgenpost

Die K.o.rona-Krise

Kein Kampf, keine Kohle. Wie der Hamburger Peter Kadiru über die Runden kommt

- VOM BOXEN BERICHTET NILS WEBER n.weber@mopo.de

Kaum etwas ist bitterer für einen Boxer, als einen übermächti­gen Gegner vor den Fäusten zu haben, ohne die geringste Chance, ihn zu besiegen. Wenn dieser Gegner dann auch noch unsichtbar ist, muss sich selbst das größte Kämpferher­z geschlagen geben. Die Hamburger BoxHoffnun­g Peter Kadiru (22) teilt dieses miese Gefühl derzeit mit Faustkämpf­ern rund um den Globus. Seine Sportart – ausgeknock­t. Vom Virus. Die Folgen sind hart. Keine Kämpfe, keine Kohle. Comeback ungewiss.

„Die letzten Wochen waren nicht einfach für mich“, erzählt Schwergewi­chtler Kadiru im Gespräch mit der MOPO. „Es ist wie eine Vollbremsu­ng in meiner Karriere.“Auf dem Weg nach oben.

Mitten in der heißen Phase der Vorbereitu­ng auf seinen nächsten Kampf hatte ihn die Nachricht erwischt, nicht kalt, aber trotzdem heftig.

„Das war ein Tiefschlag“, erinnert sich Kadiru an den Moment. Elf Tage vor dem am 28. März geplanten BoxAbend seines SES-Stalls in Magdeburg, bei dem der Kampf des WBC-JuniorenWe­ltmeisters Kadiru eine der Attraktion­en neben der WMTitelver­teidigung von Dominic Bösel gewesen wäre, musste die Veranstalt­ung aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden. Die ARD hätte übertragen, erstmals seit dem Ausstieg aus dem

Boxen 2014. Hätte, wäre. War aber nicht.

Mit seinem achten Profikampf (bislang sieben Siege) platzte nicht nur Kadirus Auftritt auf der großen Bühne, sondern auch der Gehaltssch­eck. „Natürlich ist mir auch die Börse durch die Lappen gegangen. Das tut weh, aber es ist kein Genickbruc­h.“

Anders als Fußballer beziehen Boxer kein regelmäßig­es Gehalt, sondern verdienen ihr Geld, wenn sie kämpfen. Nur ein verschwind­end geringer Prozentsat­z von ihnen kassiert Millionen-Börsen.

Kadiru ist kein Protz-Boxer. Er führt ein bodenständ­iges Leben, wohnt mit Freundin Michelle und Tochter Nila (18 Monate) in Barmbek. „Ich habe die Börsen meiner letzten Kämpfe nicht auf den Kopf gehauen, sondern Geld beiseitege­legt“, berichtet der in Altona geborene Sohn ghanaische­r Eltern. Das zahlt sich in der Krise aus.

Existenzän­gste plagen ihn noch nicht. „Meine Familie und ich kommen über die Runden“, versichert der 1,94Meter-Riese, wohl wissend, dass es vielen Faustkämpf­ern schlecht geht. „Boxer, die von der Hand in den Mund leben und alle zwei Monate boxen müssen, um überhaupt ihr Leben zu finanziere­n, haben jetzt echt zu kämpfen.“Weil sie es im Ring nicht dürfen.

Nicht einmal ein richtiges Box-Training ist möglich. Kadirus Trainingsh­alle am Braamkamp war wie alle Sportstätt­en gesperrt. Seit einigen Tagen dürfen dort zwar wieder Berufs- und Kaderboxer trainieren, aber mit Abstand. Kein Sparring, keine Pratzenarb­eit. Boxen light. Fitgehalte­n hat sich der Jugend-Olympiasie­ger

von 2014 in den letzten Wochen mit Krafttrain­ing in den eigenen vier Wänden, Läufen und Schattenbo­xen im Stadtpark, und im Garten seines Trainers hat er einen Haufen Holz gehackt. Rocky lässt grüßen.

„Es ist schwierig, sich zu motivieren, so ganz ohne Ziel vor Augen“, gibt Kadiru zu. Es steht in den Sternen, wann die Politik wieder Kampfsport erlaubt, bei dem Abstand halten quasi unmöglich ist.

Kadirus SES-Promotion plant wie andere Box-Ställe die Austragung von „Geisterkäm­pfen“, ohne Publikum, mit TV-Übertragun­g und Boxern, die vorher in Quarantäne gehen und sich CoronaTest­s unterziehe­n. „Ich hoffe, dass ich im Spätsommer wieder einen Kampf bestreiten kann“, so Kadiru, „wenn es sein muss, ohne Zuschauer.“

Das war ein Tiefschlag. Es ist wie eine Vollbremsu­ng in meiner Karriere. Peter Kadiru

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Am Ring, aber nicht im Ring: Der Hamburger Profi-Boxer Peter Kadiru (22)
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