Kampf um Hamburgs Straßen
Viel Widerstand gegen die Pläne der Politik:
Hamburgs Senat will die Verkehrswende, eine Revolution wird das jedoch nicht. Statt abrupt und in kurzer Zeit den Straßenraum neu zu gestalten, ziehen sich Projekte immer wieder in die Länge – und werden zum Teil sogar ganz begraben. So wie jetzt in Eimsbüttel.
Da hat die neue Koalition aus Grünen und CDU nach der Bezirkswahl Mitte 2019 große Töne gespuckt. Der ganze Bezirk sollte quasi zur autofreien Zone, jeder Stadtteil mit mindestens einer autofreien
Straße ausgestattet werden. So weit die Theorie. In der Praxis scheitert nun jedoch das erste grün-schwarze Vorzeigeprojekt.
Mit ihrer gemeinsamen Mehrheit hatten die Koalitionspartner am 27. Februar in der Bezirksversammlung den Plan durchgedrückt, den Eppendorfer Weg zwischen Fruchtallee und Osterstraße für den Durchgangsverkehr zu sperren.
Mit baulichen Maßnahmen sollte dazu auf Höhe des Henriettenwegs eine Auto-Blockade errichtet und auch die Nebenstraße selbst gesperrt werden.
„Es entsteht im Eppendorfer Weg mit einem Schlag eine beachtliche Fläche, die im Sinne der Eimsbütteler gestaltet werden soll“, heißt es in dem Antrag von Grünen und CDU. Von einem „Straßenpark“war plötzlich die Rede, mit kostenfreien Aktivitäten und Aufenthaltsmöglichkeiten. Diesen Plan hat jetzt die Verkehrsbehörde durchkreuzt.
„Ein ,Straßenpark‘ würde den Schwerpunkt der Zielrichtung, die auf dem Ausbau des Velorouten-Netzes liegt, deutlich verändern und über das im Rahmen der Veloroutenplanung vertretbare Maß hinausgehen“, heißt es in einer Stellungnahme. Heißt übersetzt: Die Planung widerspricht dem geplanten Ausbau der Veloroute 13 – und ist laut Koorosh Armi, Vize-Fraktionsvorsitzender der SPD in Eimsbüttel, ein „Musterbeispiel politischer Ignoranz“.
„Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die ideologisch gefärbten Verkehrspläne der Grünen ausgerechnet wegen des Radverkehrs zum Scheitern verurteilt sind“, sagt er. Tatsächlich gibt es in ganz Hamburg immer wieder Ärger, wenn es um die Verkehrswende geht. Im be
nachbarten Bezirk HamburgNord haben die Grünen gemeinsam mit der SPD Pläne vorangetrieben, einen Teil der Eppendorfer Landstraße für den Autoverkehr zu sperren.
Auch dort war ein möglicher „Straßenpark“im Gespräch. „Spinnerkram“, wie Ekkehart Wersich (CDU) sagt. „Bürger werden das verhindern.“Tatsächlich laufen Gewerbetreibende seit Monaten gegen die Park-Idee Sturm, in dem Bürgerbeteiligungsformat gibt es jedoch auch wohlwollende Stimmen. „Jede Veränderung braucht Unterstützung, eine Mehrheit und den Willen, etwas verändern zu wollen“, sagt Sina Imhof (Grüne).
Den gab es auch in Ottensen, das temporär und teilweise autofreie Quartier wurde nach Wochen jedoch von einem Gericht gestoppt, weil die Rechtsgrundlage dafür fehlte. Das ist nun anders. Weil die neue Straßenverkehrsordnung auch Verkehrsversuche ermöglicht, haben sich die Bürgerschaftsfraktionen von SPD und Grünen bei ihren Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt, mindestens ein Pilotprojekt im Jahr zu starten, anschließend zu bewerten und möglicherweise auf Dauer umzusetzen. So soll in der HafenCity am Sandtorkai eine Spur nur noch für den Radverkehr freigegeben werden. Und in Volksdorf planen SPD und Grüne, den Ortskern von Fahrzeugen zu befreien. Viele Ideen also, eine schnelle Verkehrsrevolution geht allerdings anders.
Immerhin: Hamburg steht mit dem Problem nicht alleine da. Selbst in Wien, das für eine funktionierende Verkehrswende steht, gibt es Bürgerproteste, wenn es darum geht, den Autoverkehr zugunsten der Radler einzuschränken. Lediglich in Kopenhagen und Amsterdam scheint es derzeit keine Probleme
bei diesem Thema zu geben, innovative Verkehrsprojekte werden zeitnah umgesetzt. Das war allerdings auch nicht immer so, vor 40 Jahren gab’s auch hier noch massive Proteste. Und so lange hat Hamburg die Verkehrswende auch noch nicht ausgerufen.