Dieser Mann profitiert von der Krise wie kein Zweiter
Vom Arbeitslosen zum Star in der Start-up-Szene: Jonathan Kurfess schafft es in die Forbes-Liste „30 unter 30“
Zusammen mit seinem Team will er den Begriff der Marktforschung neu definieren und mit klassischen Marktforschungsinstituten konkurrieren: Nicht lange ist es her, da war der 29-jährige Hamburger Jonathan Kurfess noch arbeitslos. Jetzt hat der Jungunternehmer es ins Forbes-Ranking „30 unter 30“geschafft. Er gilt damit als einer der 30 talentiertesten Newcomer Europas im Bereich „Media & Marketing“. Kurfess ist einer der großen Gewinner in der Corona-Krise.
„Appinio“heißt die Firma, die der damals 24-Jährige im Jahr 2014 zusammen mit Kai Granaß in Hamburg gründete. Zuvor hatte er bereits während seines BWL-Bachelors an der Hamburg School of Business Administration die Idee für „Appinio“entwickelt. Das Ziel: die schnellste Marktforschung weltweit.
„Während des Studiums habe ich begleitend im Marketing gearbeitet“, erzählt Jonathan Kurfess im Gespräch mit der MOPO, „da ist die Idee entstanden, weil wir dort immer Entscheidungen für ein Produkt getroffen haben, für das wir gar nicht die Zielgruppe waren.“
Bei allen Entscheidungen mussten sie zuerst zur internen Marktforschung gehen, die dann wiederum erst ein separates Institut beauftragen musste. „Klassische Marktforschung kann sehr lange dauern“, so Kurfess, „von ein paar Wochen bis sogar Monate. Ein sehr langsames und träges System.“
Die Firma, in der er arbeitete, war an dem Konzept nicht interessiert, der Hamburger aber glaubte an seine Idee. „Ohne wirklich zu wissen, wie man ein Unternehmen gründet, bin ich nach meinem Bachelor kurz nach Berlin gegangen, um ein
Start-up zu gründen“, erzählt der CEO weiter, „und dann wieder nach Hamburg zurückgekehrt in eine kleine Abstellkammer am Hafen. Dort haben wir zu zweit angefangen, Appinio zu entwickeln.“
Während dieser Zeit musste sich Kurfess arbeitslos melden, besonders an den Gang montags zum Arbeitsamt erinnert er sich. „So stellt man sich die Karriere nach dem Studium nicht vor“, sagt er. „Während andere Kommilitonen in gut bezahlten Jobs arbeiteten, gab es für mich in der Gründungsphase viele Momente,
in denen ich meinen eigenen Weg hinterfragt habe.“
Mittlerweile nutzen über 500 Unternehmen „Appinio“für die Vermarktung ihrer Produkte. „Die Firmen können auf der Plattform ihre eigene Zielgruppe angeben“, sagt der 30-Jährige, „zum Beispiel will ein Unternehmen 1000 männliche Kunden zwischen 20 und 30 Jahren, die gerne Kaffee trinken.“Genau diese Zielgruppe kann Appinio dann zur Verfügung stellen und alle, die in dieses Raster passen, bekommen eine PushNachricht auf ihr Smartphone.
Die Probanden können direkt die Fragen beantworten, diese Analysen kann das 25-köpfige Team von „Appinio“dann wiederum an die Unternehmen zurückleiten. „Es gibt keine schnellere Lösung für eine digitale Marktforschung“, ist sich Kurfess sicher, „in fünf bis acht Minuten schaffen wir bis zu 1000 Umfragen.“Zu den Kunden zählen unter anderem VW, die Haspa oder der
Online-Versandhandel „About You“.
Den etwa 500 Unternehmen stehen auf der anderen Seite über eine halbe Million aktive Nutzer von Appinio gegenüber. Die User können die kostenlose App auf ihr Smartphone herunterladen und direkt loslegen. „Denn Menschen teilen gerne ihre Meinung mit“, erklärt der 30Jährige aus Eimsbüttel. „Sonst gäbe es keine sozialen Netzwerke. Appinio ist wie ein soziales Netzwerk für Meinungen, in dem sich Menschen mit dem Rest Deutschlands vergleichen können.“
Dadurch, dass die User nicht nur passiv Fragen beantworten, sondern selbst Umfragen erstellen können, erhielten sie Einschätzungen zu ihren Meinungen innerhalb von Minuten außerhalb ihrer eigenen Blase.
Das Unternehmen, das schon mehr als 500 Kunden in 50 Ländern hat, darunter die Telekom, VW und Bertelsmann, zählt zu den klaren „Gewinnern“in der Corona-Krise. „Gerade jetzt brauchen viele Marken schnelle Ergebnisse, um den Einfluss von Corona auf ihr Business zu verstehen. Und da sind wir die Lösung, um innerhalb von Stunden Ergebnisse liefern zu können.“
Unternehmen mit gesellschaftlichem Auftrag bekämen derzeit die Möglichkeit einer kostenlosen Marktforschung. Und auch mittelständische Betriebe müssten teilweise nur die Hälfte des Preises zahlen.
Den weiteren Weg für „Appinio“sieht Jonathan Kurfess klar vor Augen. Er will nach New York expandieren und innerhalb der nächsten 18 Monate mit seinem Team zum größten „Consumer Panel“(ein Verbraucherportal, das das Kaufverhalten beobachtet) der Welt werden. „Das Netzwerk soll die Lösung für weltweite Entscheidungsfindung werden“, sagt er.