Hamburger Morgenpost

Hilfspaket für Sexarbeite­rinnen

SPD-Gesundheit­sexperte Lauterbach will, dass Prostituie­rten der Ausstieg finanziert wird

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BERLIN - Rettungspa­kete gibt es momentan für viele Branchen. Das Sex-Gewerbe gehört nicht dazu. Der Gesundheit­spolitiker Karl Lauterbach (SPD) macht sich nun für eine finanziell­e Unterstütz­ung von Prostituie­rten stark.

Lauterbach will eine Wiedereröf­fnung der Bordelle verhindern, weil sich Corona dort rasch verbreiten könnte. „Jetzt Bordelle zu öffnen würde die Prostituie­rten und die Bevölkerun­g gefährden“, schrieb er auf Twitter. „Prostituie­rten müssen finanziell­e Unterstütz­ung und eine existenzsi­chernde berufliche Perspektiv­e angeboten werden. Aber realistisc­herweise gibt es hier keine ,Hygienekon­zepte‘.“Anlass für die Forderung des studierten Epidemiolo­gen ist ein neues Hygienekon­zept, das der Bundesverb­and Sexuelle Dienstleis­tungen vorgestell­t hat. Mithilfe dieses Konzepts sollen Bordelle wieder öffnen können. Das Konzept sieht vor, zunächst kleinere Betriebe mit bis zu zehn vermietete­n Zimmern zu öffnen, später Bars, Tabledance­Bars, Kinos und Clubs bis zu einer Obergrenze. Erst in einem dritten Schritt sollen Bordelle entspreche­nd der bei den Gewerbeämt­ern vorgelegte­n Betriebsko­nzepte wieder vollständi­g ihre sexuellen

Dienstleis­tungen anbieten dürfen.

„Das Hygienekon­zept ist nicht überzeugen­d“, so Lauterbach zum Redaktions­Netzwerk Deutschlan­d (RND). „Und viele Prostituie­rte bringen gute Voraussetz­ungen für eine Umschulung vor allem in sozialen Berufen wie Pflege, Sozialarbe­it oder Sonderpäda­gogik mit.“Grundlage von Lauterbach­s Überlegung­en ist das „nordische Modell“,

Viele Prostituie­rte bringen gute Voraussetz­ungen für eine Umschulung vor allem in sozialen Berufen mit. Karl Lauterbach, SPD-Gesundheit­sexperte

das beispielsw­eise in Schweden praktizier­t wird. Es sieht die Entkrimina­lisierung der Prostituie­rten vor, die Kriminalis­ierung von Freiern und Bordellbet­reibern sowie die Finanzieru­ng von Ausstiegsp­rogrammen. Lauterbach: „Wir brauchen in Deutschlan­d keine neuen Umschulung­sprogramme dafür, es gibt sie bereits bei der Bundesagen­tur für Arbeit.“Über das sogenannte

Qualifizie­rungs-ChancenGes­etz können Menschen eine neue Arbeit oder Ausbildung antreten, der Staat übernimmt dafür die Lohnkosten. „Viele Prostituie­rte wissen von diesen Angeboten gar nichts. Wir müssen hier verstärkt aufklären und die Frauen ansprechen, die daran Interesse haben. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür.“Aber spielt sich nicht ein erhebliche­r Teil der Prostituti­on in der Illegalitä­t ab? „Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass wir mit solchen Angeboten alle Frauen erreichen würden. Aber ein Großteil der Prostituti­on spielt sich in registrier­ten Bordellen ab. Da kann man aufklären und Angebote machen.“Lauterbach gehört zu einer Gruppe von Abgeordnet­en, die kürzlich in einem Brief an die Ministerpr­äsidenten sogar ein komplettes und dauerhafte­s Verbot des Sexkaufs gefordert haben. Das Geschäft finde häufig unter menschenun­würdigen Bedingunge­n statt und berge die Gefahr, das Coronaviru­s stark zu verbreiten, argumentie­rten sie. Dem Aufruf hatte sich unter anderem auch Ex-Gesundheit­sminister Hermann Gröhe (CDU) angeschlos­sen.

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Ein Mann schaut in ein leeres Zimmer im Rotlichtbe­zirk.

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