Das Leiden der Kinder
ANGST, TRAUER, DEPRESSIONEN UKE-Forscher: „Dass die Folgen der Corona-Pandemie so gravierend sind, damit hatten wir nicht gerechnet“
Plötzlich war alles anders. Keine Schule mehr, kein Sport, keine Treffen mit Freunden. Vor allem für Kinder war und ist die Zeit während der CoronaPandemie belastend. Wie sehr, das haben Wissenschaftler des UKE erforscht. Am Freitag haben sie ihre Studie vorgestellt, mit traurigem Ergebnis: Die psychische Gesundheit von Kindern hat sich während der Pandemie verschlechtert, vor allem bei denen aus benachteiligten Familien: Angst, Trauer, Depressionen.
„Die meisten Kinder und Jugendlichen fühlen sich belastet, machen sich vermehrt Sorgen, achten weniger auf ihre Gesundheit und beklagen häufiger Streit in der Familie. Bei jedem zweiten Kind hat das Verhältnis zu seinen Freunden durch den mangelnden physischen Kontakt gelitten“, sagt Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der Studie und der Forschungsgruppe „Child Public Health“der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE.
Zwischen dem 26. Mai und 10. Juni wurden bundesweit 1040 Kinder und Jugendliche zwischen elf und 17 Jahren sowie 1586 Eltern per Online-Fragebogen um ihre Einschätzungen gebeten. Es ging um Themen wie psychische Gesundheit, Lebensqualität, Schule, Familie und Freunde. Die Ergebnisse wurden mit Studien-Ergebnissen aus der Zeit vor der CoronaPandemie verglichen.
„Wir haben mit einer Verschlechterung des psychischen Wohlbefindens in der Krise gerechnet. Dass sie allerdings so deutlich ausfällt, hat auch uns überrascht“, sagt Studienleiterin Prof. Ravens-Sieberer.
71 Prozent der befragten Kinder fühlen sich durch die Corona-Pandemie belastet. Zwei Drittel von ihnen gaben eine verminderte Lebensqualität und ein geringeres psychisches Wohlbefinden an. Zum Vergleich: Vor Corona war dies nur bei einem Drittel der Fall.
Bei fast jedem dritten Kind stieg das Risiko für psychische Auffälligkeiten, vorher war es nur bei jedem fünften Kind. Mädchen und Jungen machen sich mehr Sorgen und zeigten etwa Hyperaktivität (24 Prozent), emotionale Probleme (21 Prozent) sowie Verhaltensprobleme (19 Prozent).
Die Wissenschaftler haben auch psychosomatische Auffälligkeiten festgestellt. Neben Gereiztheit (54 Prozent) waren dies Einschlafprobleme (44 Prozent) sowie Kopfund Bauchschmerzen (40 bzw. 31 Prozent).
Das Lernen zu Hause haben viele Kinder als belastend empfunden. Für zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen sind Schule und Lernen anstrengender als in der Zeit vor der CoronaPandemie, sie empfinden den schulischen Alltag teilweise als extrem belastend. „Das verwundert kaum, da den Kindern und Jugendlichen die gewohnte Tagesstruktur und natürlich ihre Freunde fehlen. Beides ist für die psychische Gesundheit sehr wichtig“, sagt Studienleiterin Prof. Ravens-Sieberer.
Was die Studie auch gezeigt hat: Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss beziehungsweise einen Migrationshintergrund haben, erleben die coronabedingten Veränderungen als besonders schwierig. Fehlende Rückzugsmöglichkeiten in kleine Wohnungen, wenig Geld, fehlende Tagesstrukturen – all dies führt zu einem hohen Risiko für psychische Auffälligkeiten. „Wir brauchen dringend Konzepte, wie wir die Familien in belasteten Phasen besser unterstützen können. Wir wissen, wenn die Eltern belastet sind, sind es auch die Kinder. Und wenn ver
schiedene Belastungen zusammenkommen, nimmt das Risiko für psychische und psychosomatische Auffälligkeiten zu“, so die Studienleiterin.
Kraft und Zuversicht in der schwierigen Zeit schöpften Kinder in Familien mit gutem Zusammenhalt – in denen Eltern Zeit mit ihren Kindern verbringen, mit ihnen etwas unternehmen, gemeinsam am Tisch sitzen, ihnen zuhören und ihnen das Gefühl geben, geliebt und gebraucht zu werden.
Weitere wichtige Erkenntnis der bundesweiten Studie: Die Belastung der Kinder hat mit zunehmenden Lockerungen wieder abgenommen. Die Studienergebnisse sollten dafür genutzt werden, um sich Präventionsangebote und Konzepte für eine mögliche zweite Welle zu überlegen. Etwa, wie man Eltern beim Homeschooling unterstützen könnte.
Auch nur für Hamburg ist ein Studie in Vorbereitung, wie die Kinder hier die Pandemie erlebt haben. Ergebnisse werden in einem Monat vorgestellt.
kamen im Vergleich zum Vortag hinzu.
liegen im Krankenhaus, davon vier auf Intensivstationen.
sind in Hamburg bisher mit einer Covid-19-Infektion gestorben. Seit dem Vortag kam kein neuer Todesfall hinzu.