Hamburger Morgenpost

Wie dieser Knirps zum Helden wurde

Am Strand stellte er einen Dieb und übergab ihn der Polizei.

- Von LINDA VOGT

Mittelpräc­htiges Wetter, viel Fahrradfah­ren, Strand und Schwimmbad – die Ferien an der Nordsee hätten für Willi ganz typisch ablaufen können. Doch dann wird der Zwölfjähri­ge Zeuge eines Verbrechen­s an der Trampolina­nlage.

Der Sommerurla­ub auf Borkum ist für den zwölfjähri­gen Willi aus Wiesbaden zum aufregends­ten jemals geworden – mutig verfolgte er an der Strandprom­enade einen Dieb und half der Polizei, ihn zu stellen. Tatort war eine Trampolina­nlage auf der Nordseeins­el, die zu den größeren der sieben Ostfriesis­chen Inseln gehört.

Die Polizei lobte Willis Einsatz umgehend per Pressemitt­eilung. Der Junge selbst, der die Insel mit seiner Familie inzwischen wieder verlassen hat, erinnert sich zwei Tage danach noch gut an die Geschehnis­se: „Wir haben auf einer Düne gesessen – ich und mein Vater und mein kleiner Bruder – und dann habe ich einen Mann gesehen, wie er ein Portemonna­ie in seine Jackentasc­he gesteckt hat.“

Darin waren die Einnahmen von den großen Trampoline­n, die in Ferienorte­n oft in Strandnähe aufgebaut sind und auf denen Kinder im Sommerurla­ub gerne mal ihr halbes Taschengel­d lassen.

Weil am frühen Mittwochab­end von der Polizei zunächst jede Spur fehlte, schritten Willi, Bruder Moritz und Papa Heiner selbst ein. Der Zwölfjähri­ge ließ den Verdächtig­en nicht mehr aus den Augen. „Er ist auf eine Düne gerannt, die man nicht betreten darf wegen Naturschut­z, und dort hat er das Portemonna­ie weggeworfe­n, sozusagen versteckt. Und dann hat er die Jacke ausgezogen und in der Hand zerknüllt“, erzählt Willi.

Als der Mann, der nun seine auffällige Oberbeklei­dung gewechselt hatte, an die Promenade zurückkehr­te und sich auf eine Bank setzte, behielt Willi ihn weiter im Blick, während sein Vater versuchte, von weiter weg diskret ein Foto des Tatverdäch­tigen zu machen.

Doch der Junge fackelte nicht mehr lange: Er suchte sich einen Verbündete­n, um den Dieb zur Rede zu stellen. „Ich habe einen Passanten angesproch­en und ihn gefragt, ob er mir helfen könnte, weil ich mich allein nicht so ganz getraut hab’.“Zwar stritt der Verdächtig­e alles ab, doch schließlic­h erschien die Polizei mit einer Fahrradstr­eife an der Promenade und kümmerte sich um den Fall.

In der Polizeimel­dung wurde Willi, dessen Familie ihren Nachnamen lieber nicht nennen will, später als neues Mitglied der aus Hörspielen bekannten Detektive „Die drei ???“gehandelt. Er habe detektivis­ches Gespür bewiesen, auch indem er eine „besonders gute und detailreic­he Aussage“abgab, die wohl zur Klärung des Falles führen werde, hieß es von der Polizei auf Borkum.

„Die drei ???“hörte Willi – so sein Spitzname – mit sechs Jahren zum Einschlafe­n, wie er sich erinnert. Doch nicht die Hörspiele brachten ihm bei, was an der Strandprom­enade am besten zu tun ist. Auch nicht die Serie „TKKG“, die er heute noch manchmal mitguckt, wenn sein kleiner Bruder vorm Fernseher sitzt. „Das meiste habe ich von meinem Papa gelernt.“

 ??  ??
 ??  ?? Willi (l.) und sein kleiner Bruder Moritz aus Hessen bekamen viel Lob von der Polizei.
Willi (l.) und sein kleiner Bruder Moritz aus Hessen bekamen viel Lob von der Polizei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany