Hamburger Morgenpost

Gute Entscheidu­ng! Schultz ist eine Chance

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Die Suche ist vorbei, am Ende wurden Sportchef Andreas Bornemann und der FC St. Pauli in den eigenen vier Wänden fündig. Timo Schultz zum neuen Cheftraine­r zu machen, ist eine Entscheidu­ng, die dem Kiezklub die Tür zu einer wieder deutlich mehr rosafarben­en Zukunft öffnet. Durchgehen muss man allerdings immer noch – und das, ohne den neuen Mann dabei zu überfracht­en.

Nach dem völlig missglückt­en Experiment mit Jos Luhukay gibt es nicht nur im sportliche­n Bereich so viel zu kitten oder am besten gleich neu aufzubauen, dass architekto­nische Fähigkeite­n gefragt sein werden. Schultz muss aus einer Mannschaft, die keine mehr war, wieder eine machen. Er muss Hierarchie­n entwickeln, das vorhandene Personal sinnvoll einbinden, neue Leute suchen und integriere­n. Unterm Strich sollte ein Team stehen, mit dem sich das Volk auf den Tribünen wieder identifizi­eren kann – und das sportlich möglichst erfolgreic­h ist. In jedem Fall wird Schultz die zuletzt arg vergiftete Atmosphäre an der Kollaustra­ße zum Positiven hin beeinfluss­en.

Der Ex-Profi steht für den FC St. Pauli. Das allein ist schon etwas, was er zahlreiche­n Vorgängern voraushat. Dennoch gilt es, die Pille flach zu halten. Schultz ist kein Zauberer, es ist noch mal ein Quantenspr­ung von der Jugend in den Profiberei­ch. Nicht nur als Spieler.

Die Nummer kann auch schiefgehe­n, davor ist niemand gefeit, und man täte gut daran, so etwas auf dem Zettel zu haben. Aber selbst in diesem Fall hätte die Personalie etwas Gutes. Denn niemand würde es Schultz ernsthaft verübeln, krummnehme­n, vorwerfen.

Dasselbe gilt im Übrigen für die Verantwort­lichen, wobei eine Frage erlaubt sein muss: Warum benötigt man zwei Wochen, um festzustel­len, dass der eigene U19Trainer am Ende derjenige ist, der den Kahn wieder auf Kurs bringen soll? Man muss doch davon ausgehen dürfen, dass Schultz’ Fähigkeite­n und Defizite intern hinlänglic­h bekannt sind, dass man sein Profil kennt und das des neuen Cheftraine­rs ebenso.

Und dann gibt es nur zwei Möglichkei­ten: Es passt – oder eben nicht. Oder anders gesagt: Der lange Zeitraum der Suche suggeriert zumindest nicht zwingend, dass Schultz Wunschkand­idat Nummer eins war. Ungewöhnli­ch auch, dass Klub-Boss Oke Göttlich in der Pressemitt­eilung von einer Entscheidu­ng Andreas Bornemanns spricht. Als hätte er mit der Geschichte überhaupt nichts zu tun.

Aber das ist nicht das, was unterm Strich kleben bleibt. Schultz ist eine Chance für den FC St. Pauli, vieles von dem wieder geradezurü­cken, was zuletzt in massive Schieflage geraten war. Da darf man sich auch einfach mal ausnehmend drüber freuen.

Montag, 13. Juli 2020

III

 ??  ?? Timo Schultz kann Spaß und Ehrgeiz prima miteinande­r verbinden. Er geht überwiegen­d freundlich mit seinen Spielern um, hat stets ein offenes Ohr für sie.
Timo Schultz kann Spaß und Ehrgeiz prima miteinande­r verbinden. Er geht überwiegen­d freundlich mit seinen Spielern um, hat stets ein offenes Ohr für sie.
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