Zoff um linken Bauwagen-Platz
LÜNEBURG Stadt droht mit Zwangsgeldern. Bewohner verstehen die Welt nicht mehr
Hausbesetzungen, gestörte Reden des Bürgermeisters und ein Demo-Camp im idyllischen Rathaus-Innenhof. Riesen-Aufregung im sonst eher ruhigen Lüneburg. Und das alles wegen eines kleinen Bauwagenplatzes. Die Stadt will die sechs Bauwagen auf keinen Fall dulden und droht mit hohen Zwangsgeldern. Ein linkes Wohnprojekt scheint nun zu scheitern. Wenn kein Wunder passiert.
Das große grüne Grundstück hinter dem alten Friedhof liegt idyllisch am östlichen Rand Lüneburgs. In einem kleinen gelben Haus wohnt die Umweltaktivistin Cécile Lecomte (37). Im großen Garten stehen verstreut sechs große und kleine Bauwagen. Im Haus befinden sich auch die Küche und Waschräume für alle elf Mitglieder des Wohnprojekts, egal ob sie im Gebäude oder im Bauwagen leben.
Lecomte wohnte selbst zehn Jahre lang in einem großen Bauwagen. Doch mittlerweile braucht sie wegen einer rheumatischen Erkrankung meist einen Rollstuhl. In einem Bauwagen kann sie nicht mehr leben. Daher hat sie gemeinsam mit einer Handvoll Gleichgesinnter vor wenigen Jahren das linke Projekt „Unfug“(unabhängig, frei und gemeinsam) gegründet.
Es soll für Gleichgesinnte günstigen Wohnraum schaffen und auch Platz für Menschen mit Behinderung bieten. Mithilfe eines Darlehens kaufte die Gruppe das Grundstück am Stadtrand. Das Erdgeschoss des Wohnhauses haben sie für Cécile bereits behindertengerecht ausgebaut.
Kaufen statt besetzen. Das müsste der Stadt doch gefallen. Aber die sechs Bauwagen im Garten stehen derzeit verlassen da. Denn die Stadt untersagte das Wohnen in den Bauwagen – obwohl sie auf einem Privatgrundstück stehen. Acht Gruppenmitglieder, darunter drei Kinder, mussten kurzfristig ausziehen.
Hauptargument für das Verbot ist laut Verwaltung der Flächennutzungsplan. Denn dort ist das Grundstück als Friedhofsfläche eingetragen und liegt im Außenbereich. „Daher ist eine Bebauung nicht zulässig“, so Ann-Kristin Jenckel, Sprecherin der Stadt. Mittlerweile hat das Verwaltungsgericht diese Sicht der Stadt bestätigt.
Hinzu komme Brandgefahr und der Wald sei auch als Landschaftsschutzgebiet besonders schutzbedürftig. Hält sich die Gruppe nicht an die Bauwagen-Verbote, so drohen Strafgelder von 2000 Euro pro Bauwagen und Monat.
Kurios: Die Stadt Lüneburg hatte das Haus mit Grundstück selbst im Jahr 2006 verkauft. Damals war keine Rede davon, dass die Fläche im Außenbereich liegt und Wohnen dort nicht vorgesehen ist. Im Gegen
teil: Der Käuferin wurde noch auferlegt, das Haus zu renovieren.
Das geht aus einem Vermerk des Bauamtes hervor, der der MOPO vorliegt. Cécile: „Doch kaum hat ein linkes Wohnprojekt das Grundstück erworben, fällt der Stadt ein, dass ebenjenes Gebäude nicht zum Wohnen genutzt und auch nicht ohne Bauantrag renoviert werden darf.“
Das Überleben des Wohnprojektes
Unfug ist nun massiv bedroht. Ohne die Nutzung der Bauwagen ist das Finanzierungskonzept hinfällig. Denn das Darlehen sollte über die Mieten für die Bauwagen und die Zimmer zurückgezahlt werden.
Cécile Lecomte: „Wir stören doch hier niemanden. Außerdem schaffen wir günstigen Wohnraum in einer sehr teuren Stadt und versiegeln dabei noch nicht einmal Flächen.“