Tiktok: Auch hierzulande Skepsis
Deutsche Politiker kritisieren China – aber auch Trumps Verhalten
Tiktok verkaufen oder es wird geschlossen – so redet sonst eigentlich nur die Mafia. SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann
BERLIN - Schließung binnen 45 Tagen oder Verkauf an Microsoft: US-Präsident Donald Trump setzt die chinesischen Eigentümer von Tiktok per Dekret massiv unter Druck. Die auch in Deutschland populäre Videoplattform steht im Verdacht, Nutzerinformationen an das kommunistische Regime in Peking weiterzugeben.
Hierzulande nutzen etwa 1,6 Millionen Menschen Tiktok, weltweit ist es rund eine Milliarde. Die Plattform, die nicht nur, aber vor allem von jungen Leuten und für den Austausch von kurzen Tanzvideos genutzt wird, spielt damit als einziges chinesisches soziales Medium ungefähr in einer Liga mit Facebook oder Twitter. Trump verdächtigt Tiktok offen der Spionage für China.
Aber auch in Berlin gibt es Misstrauen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat die App auf Risiken hin prüfen lassen, berichtet der „Spiegel“. Ergebnis: Teile des Datenverkehrs zwischen den Apps und Servern des chinesischen Eigentümers „Bytedance“seien zum Zeitpunkt der Prüfung nicht verschlüsselt gewesen. Das könnte Datenabflüsse und Manipulationen ermöglichen, sagte ein BSI-Sprecher. Tiktok versichert, das Problem sei behoben.
„Die Sicherheitsbedenken gegenüber Tiktok und auch anderen chinesischen Technologieunternehmen halte ich für berechtigt. Dabei beziehe ich mich nicht nur auf die Datensicherheit der Produkte, sondern vor allem auf das politische System dahinter“, sagt Manuel
Höferlin, Digitalexperte der FDP, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). In den USA seien die Unternehmensstrukturen transparent und die Rechtswege bekannt. In China würden sie bewusst verschleiert: „Wir Europäer sind deshalb gut beraten, bei der Nutzung chinesischer Technologie immer die größtmögliche Vorsicht walten zu lassen.“
Aber worin liegt überhaupt konkret das Problem? „Wir leben heute mit der realen Gefahr der Desinformation und Fake News“, sagt SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann dem RND. Tiktok ermögliche China den Zugriff auf aggregierte Daten. „Mit Hilfe dieser Datensammlungen kann man besser verstehen, wie eine Gesellschaft tickt – und sie so besser manipulieren.“
Wie mächtig Tiktok auch im politischen Prozess sein kann, habe man bei Trumps Wahlkampfauftritt in Tusla gesehen. Im Juni hatten Tiktok-Nutzer Karten für die Veranstaltung reserviert, um dann gezielt nicht hinzugehen. Die Folge waren recht leere Ränge. „Damals fanden das alle cool, aber wenn es das nächste Mal um eine Veranstaltung mit dem Dalai Lama geht, kann das ganz anders aussehen“, so Zimmermann.
Tankred Schipanski, Digitalpolitiker der CDU, ist ebenfalls kritisch: „Dass politische Beiträge, die zum Beispiel die chinesische Regierung kritisieren, explizit gehemmt oder gelöscht werden, ist eine Tatsache, die wir nicht hinnehmen dürfen. Auch Tiktok muss die in Europa garantierte Meinungsfreiheit beachten und durchsetzen“, sagte er dem RND. Für ein Verbot sehen deutsche Digitalpolitiker aber noch keinen Grund. Über die Methoden des USPräsidenten sind die Politiker allerdings entsetzt: „Tiktok verkaufen oder es wird geschlossen – so redet sonst eigentlich nur die Mafia“, sagt Zimmermann.