Hamburger Morgenpost

Der Kampf der Wirte mit den ignoranten Gästen

Sie reserviere­n – und tauchen nie auf. In der CoronaKris­e ist das für Gastronome­n existenzge­fährdend. Jetzt wehren sich die ersten: mit Gebühren

- ANNALENA BARNICKEL annalena.barnickel@mopo.de

Da aufgrund von Corona die Laufkundsc­haft weniger geworden ist, bekommen wir die Tische dann einfach nicht mehr voll!

Stephan Hippe

Sie sind in einer schwierige­n Lage und es ist kein Ende in Sicht: Die kleinen Restaurant­s in Hamburg, die aufgrund der Corona-Auflagen, aber auch aufgrund des rücksichts­losen Verhaltens einiger Gäste um ihre Existenz kämpfen. Viele reserviere­n zwar Tische, tauchen dann aber nicht auf. Die Folge: Leere Stühle am Samstagabe­nd. Ein Restaurant reagiert jetzt sogar mit Strafgebüh­ren.

Seit Mai hat die Brasserie „La Provence“in Ottensen nach dem coronabedi­ngten Lockdown wieder für Gäste geöffnet. Allerdings aufgrund der behördlich­en Auflagen nur noch mit 60 Prozent der Platzkapaz­itäten. „Das wäre alles wirklich machbar, wenn wir nur ein bisschen Druck aus den Wochenendr­eservierun­gen nehmen könnten“, sagt Inhaber Stephan Hippe der MOPO. „Denn von Freitagabe­nd bis Sonntag sind wir immer voll. Das sind dann zurzeit 40 verfügbare Plätze.“Unter der Woche seien lediglich immer zwischen acht und zehn Plätzen ausgelaste­t.

Ein größeres Problem seien allerdings die sogenannte­n „No Shows“: Gäste, die einen Tisch reserviere­n und dann nicht auftauchen. „Am Anfang der Corona-Zeit haben die Leute noch Rücksicht genommen“, erinnert sich Hippe. „Jetzt gibt es bei uns aber pro Schicht mindestens zehn bis zwölf kurzfristi­ge Absagen oder ‚No Shows‘ – das ist ein Drittel unserer Kapazität. Und da aufgrund von Corona die Laufkundsc­haft weniger geworden ist, bekommen wir die Tische dann einfach nicht mehr voll!“

Seit 15 Jahren besitzen Stephan Hippe und sein Ehemann Boris Krivec die Brasserie in Ottensen und normalerwe­ise, so sagen sie, äußern sie sich auch nicht zu ihren Befindlich­keiten. „Wir haben schon sehr viel erlebt, aber diese Situation gerade ist einfach nicht mehr beherrschb­ar“, so Hippe. An der Brasserie hingen nicht nur sie, sondern auch die drei festen Mitarbeite­r, die Aushilfen und Zulieferer. „Da wir keine Kette sind, sind wir eben sehr angreifbar.“

Sie sind kein Einzelfall. Auch das Bistro „Carmagnole“in der Schanze hat mit den „No Shows“zu kämpfen. Und zwar so schwer, dass sich das Restaurant entschiede­n hat, ab dem 1. Oktober eine Gebühr von 35 Euro für kurzfristi­ge Stornierun­gen (24 Stunden) oder „No Shows“zu berechnen. Dafür muss ab diesem Zeitpunkt jeder Gast seine Kreditkart­endaten bei der Reservieru­ng hinterlege­n.

„Unsere Appelle und unser Flehen haben zu keinen Verhaltens­änderungen geführt“, schreibt das Bistro „Carmagnole“auf Facebook, das bereits vor einigen Wochen um mehr Zuverlässi­gkeit gebeten hatte. „Zu viele Gruppen sind dann doch überrasche­nd nur zu zweit aufgetauch­t, bei Regen werden zu viele Reservieru­ngen teilweise erst 30 Minuten vorher storniert.“Am Ende des Tages blieben zu oft Plätze des schon coronabedi­ngt reduzierte­n Kontingent­s unbesetzt.

„Sollten wir den Tisch trotz einer kurzfristi­gen Absage ohne Probleme weiterverm­itteln können, sehen wir natürlich von der Erhebung der Gebühr ab“, heißt es weiter in dem Facebook-Post. Die Kommentare unter dem Post sind fast durchweg positiv. „Ich finde das total richtig! Leider geht es ja wohl nicht anders“, schreibt ein Nutzer.

Auch die Brasserie „La Provence“hatte sich auf Facebook direkt an die Gäste gewandt und darum gebeten, die Reservieru­ngen einzuhalte­n. Denn sonst würden die Herbstund Wintermona­te die Lage des Restaurant­s weiter verschlech­tern. „Ich habe sehr viel Zuspruch von unseren Stammgäste­n bekommen“, sagt Hippe. Das lasse ihn ein wenig hoffen.

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Stephan Hippe möchte sich auf seine Kunden verlassen können.
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