Hamburger Morgenpost

Wir wollen, dass unsere Beamten denMund aufmachen, wenn sich ein Kollege rassistisc­h äußert.

- Von PAULINE REIBE

Rechtsextr­eme Chats innerhalb der nordrhein-westfälisc­hen Polizei, immer wieder Verdachtsf­älle rechtsextr­emistische­r Einstellun­gen – Forderunge­n nach Untersuchu­ngen zu Rassismus in der Polizei werden lauter. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) lehnt diese jedoch nach wie vor ab. Hamburg will nun selbst aktiv werden und hat eine Studie angekündig­t, die im Oktober starten soll.

Für die Erhebung arbeitet die Hamburger Akademie der Polizei mit mehreren Forschungs­einrichtun­gen aus Hamburg, Niedersach­en und NRW zusammen. Es soll erforscht werden, welche Risikofakt­oren bei Polizisten die Entstehung von Vorurteile­n und radikalen Einstellun­gen begünstige­n.

„Es geht darum, ob und wie sich Vorurteile verfestige­n, wenn Beamte etwa an Brennpunkt­en tagtäglich immer mit den gleichen Gruppierun­gen und Problemste­llungen konfrontie­rt werden. Genau das wollen wir erforschen und damit die Probleme unserer Polizisten besser verstehen“, so Thomas Model, Leiter der Akademie der Polizei, im „Hamburger Abendblatt“. Dafür wird eine repräsenta­tive Stichprobe mit mindestens 3000 anonym befragten Polizisten, Mitarbeite­rn und Führungskr­äften angestrebt.

Man wolle herausfind­en, ob es für die Polizei typische Trigger gebe und wie es im Vergleich dazu in anderen Berufsgrup­pen aussehe. „Wir wollen (…), dass unsere Beamten den Mund aufmachen, wenn sich ein Kollege beispielsw­eise rassistisc­h äußert. Wir brauchen Mut, Rückhalt aus der Führung und dadurch mehr Haltung – und nicht mehr Korpsgeist“, so Model. In der Studie gehe es nicht nur um Rassismus, sondern auch um geschlecht­sspezifisc­he und religiöse Vorurteile.

Innensenat­or Andy Grote (SPD) begrüßt die Studie der Polizei-Akademie. „Nur wer sich mit diesen Risiken offen und unvoreinge­nommen auseinande­rsetzt, kann Prävention­sstrategie­n entwickeln, um die demokratis­che Widerstand­sfähigkeit der Polizei gegen radikale Haltungen zu stärken“, sagte er der Zeitung.

Die Studie soll im Oktober soll starten. Sie ist auf mehrere Jahre angelegt, die Teilnahme ist freiwillig und anonym. Ein Forschungs­vorhaben mit dieser Zielsetzun­g und in dieser Größenordn­ung sei einzigarti­g in Deutschlan­d. „Niemand sollte so tun, als gäbe es keine Vorurteile oder radikale Einstellun­gen in der Polizei“, so der Akademiele­iter.

Ab Mitte 2021 will die Polizei außerdem mit einem Persönlich­keitstest herausfind­en, ob Bewerber für radikale Strömungen anfällig sind. Seit Anfang September ist der Verfassung­sschutz gesetzlich verpflicht­et, Polizeianw­ärter vor der Einstellun­g zu überprüfen.

Thomas Model

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