Ein „IBizA-MomEnt“Für GAulAnD unD Lo.
Nach entlarvender TV-Doku. AfD dementiert: „Wollen nicht, dass es dem Land schlecht geht“
BERLIN - Am Tag nach der Ausstrahlung einer TV-Doku, deren Enthüllungen zur Entlassung des früheren AfDSprechers Christian Lüth geführt hatten, versuchte sich die Rechtspartei in Schadensbegrenzung. Lüth, ein Vertrauter des AfD-Fraktionschefs Alexander Gauland, hatte in der Doku geäußert, Ziel der AfD sei, dass es Deutschland schlecht geht. Zudem hatte Lüth gedroht, Migranten zu „vergasen“und zu „erschießen“.
„Die AfD legt es nicht auf einen schlechten Zustand Deutschlands an“, mühte sich der AfD-Abgeordnete Peter Boehringer gestern zu betonen. Er wünsche sich ein CDU-Programm wie vor 1995 – „dann können wir uns auflösen“. Wirklich?
„Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD“, hatte Lüth in dem vermeintlich vertraulichen Gespräch mit der Youtuberin Lisa Licentia in der Dokumentation (Titel: „Rechts. Deutsch. Radikal“) gesagt. Licentia fragt: „Vor allem klingt das so, als ob es in deinem Interesse wäre, dass noch mehr Migranten kommen.“Lüths Antwort: „Ja, weil dann geht es der AfD besser. Wir können die nachher immer noch alle erschießen. Das ist überhaupt kein Thema. Oder vergasen, oder wie du willst. Mir egal!“
Der Dialog ist so etwas wie die verschämte deutsche Version des Ibiza-Videos, nur dass im Gegensatz zu Österreich keine Regierung gestürzt wird, sondern eine rechtsradikale Partei detion, was sie ist: menschenverachtend.
Rückblick: In der Ibiza-Affäre ging es um die Bereitschaft des österreichischen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache, Chef der rechtspopulistischen FPÖ, einer vermeintlich russischen Oligarchin zu KorrupUmgehung der Gesetze zur Parteienfinanzierung sowie zur verdeckten Übernahme von Medien zu verhelfen.
Vor allem AfD-Fraktionschef Gauland, stets bemüht, sich als bürgerliches Gewissen der AfD zu verkaufen, steht jetzt unter Rechtfertigungsdruck, denn Lüth war sein enger Vertrauter. „Die Herrn Lüth zugeschriebenen Äußerungen sind völlig inakzeptabel und in keiner Weise mit den Zielen und der Politik der AfD und der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag vereinbar“, sagte Gauland der dpa.
Dokuautor Thilo Mischke hatte sich auf eine lange Reise – zwei Jahre Recherche und Dreharbeiten, zwei Stunden Sendezeit – ins Herz des deutschen Rechtsmonstriert,
Ich will aus aktuellem Anlass sagen, auch im Hinblick auf eine Fraktion dieses Parlaments: Wir alle wollen, dass es Deutschland gut geht.
Olaf Scholz (SPD), Vize-Kanzler
extremismus begeben. Scherzend, duzend und ohne Missionierungs- oder Belehrungsansatz gelingt es Mischke, dass die rechten Protagonisten tiefe Einblicke in ihre Gedankenwelt gewähren. In den sozialen Netzwerken löst die Pro7Doku heftige Reaktionen aus. „Danke Pro7, dass ihr das wichtige Thema Rechtsextremismus ins Zentrum der gesellschaftlichen Debatte gerückt habt“, schrieb Konstantin Kuhle, innenpolitischer Sprecher der FDP im Bundestag, auf Twitter. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis nannte den Beitrag „ein weiteres Dokument, das belegt, dass keiner von uns sagen kann: ‚Davon habe ich nichts gewusst.‘ Wir wissen alle von der Gefahr, die von der AfD ausgeht.“Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich: „Ich will aus aktuellem Anlass sagen, auch im Hinblick auf eine Fraktion dieses Parlaments: Wir alle wollen, dass es Deutschland gut geht.“
Konrad Adam (78), neben Frauke Petry und Bernd Lucke der letzte der drei AfDGründungsvorsitzenden, erklärte gestern, dass er die Partei verlasse. Er sehe keine Zukunft mehr für die AfD als „bürgerlich-konservative“Kraft, begründete er seine Entscheidung.