US-Wahl: Zweites TV-Duell von Biden und Trump verlief deutlich gesitteter
Trump lässt Biden aussprechen: Sieger war der Zuschauer
Mr. Trump war besser vorbereitet und auch disziplinierter als in der ersten Debatte.
WASHINGTON - Sie hatten sich also doch noch etwas zu sagen: US-Präsident Donald Trump und sein Herausforderer Joe Biden. Tatsächlich gab es bei der TVDebatte phasenweise einen Austausch von Argumenten. Fünf Dinge, die besonders herausstachen und einiges über den Wahlkampf verrieten.
➤ Die Debatte war die erste, die diesen Namen auch verdiente. Man stritt, auch in der Sache. Es ging deutlich gesitteter zu als beim Schreiduell vor drei Wochen. Dabei half auch die neue Regel, nach der am Anfang jedes Themenblocks das Mikrofon jenes Kandidaten, der nicht an der Reihe war, stumm gestellt wurde.
Trump und Biden überzogen einander mit schweren Vorwürfen, später ging es dann auch mehr um konkrete Politik. Unterschiede wurden immer wieder klar deutlich, etwa in der Umwelt- und Energiepolitik oder beim Umgang mit Corona und Rassismus.
➤ Trump wählte einen komplett anderen Ansatz als bei der ersten Debatte. Er hielt sich lange Zeit an die Regeln, auch wenn er mitunter sichtlich Mühe hatte, die Linie durchzuhalten. Seine Antworten zu Corona und Gesundheitspolitik waren von bekannten Unwahrheiten geprägt. Trumps Strategie war klar: Er wollte seinen Kontrahenten als korrupt brandmarken und kam deshalb immer wieder auf eine ganz und gar unbewiesene E-Mail-Affäre von dessen Sohn Hunter zurück. Außerdem attackierte er Biden wiederholt als „Politiker“– der Staatschef will sich also auch nach vier Jahren an der Macht weiter als „Anti-Politiker“inszenieren. Konkrete Pläne für eine zweite Amtszeit konnte er nicht anbieten.
➤ Biden zeigte, dass er hart sein kann – und nicht nur „Sleepy Joe“, wie Trump ihn spöttisch nennt. Jedes Land, das sich in die Wahl einmische, „wird einen Preis zahlen, wenn ich Präsident werde“, drohte Biden. Zugleich präsentierte er sich präsidiabel und versöhnend – als Präsident, der das Land im Gegensatz zu Trump einen wolle: „Ich bin ein amerikanischer Präsident. Ich repräsentiere euch alle, egal, ob ihr für mich oder gegen mich gestimmt habt.“
➤ Die Trefferquote war gleichmäßig verteilt. Als Trump seinem Kontrahenten erneut Korruptionsvorwürfe machte, versuchte Biden, das mit einem deutlichen Statement auszuräumen: „Ich habe niemals in meinem Leben einen Penny von einer ausländischen Quelle angenommen.“Zum Thema Klimawandel sprach Trump Biden
Die Zeitung „Wall Street Journal“
direkt an und fragte ihn: „Würden Sie die Ölindustrie dichtmachen?“Biden erklärte, sich von der Ölindustrie abwenden zu wollen – eine Position, die in den USA hochumstritten ist und Stimmen kosten dürfte. Für Trump ein gefundenes Fressen: „Werdet ihr euch daran erinnern, Texas, Pennsylvania, Oklahoma, Ohio?“
➤ Fazit: In einer Blitzumfrage des Nachrichtensenders CNN sahen 53 Prozent der Zuschauer Biden vorn, für 39 Prozent war Trump der Sieger.
Das „Wall Street Journal“schwärmte: „Mr. Trump war besser vorbereitet und auch disziplinierter als in der ersten Debatte. Und wenn er am 3. November verliert, wird er sich wünschen, er wäre es auch beim ersten Mal gewesen.“