Hamburger Morgenpost

Kiez-Menschen: Goldschmie­d Reno Machule hat eine Vorliebe für extravagan­ten Schmuck

ST. PAULI Reno Machule ist bekannt für extravagan­ten Schmuck. Seine internatio­nalen Kunden haben die ausgefalle­nsten Wünsche

- Von WIEBKE BROMBERG und MARIUS ROEER

Bankangest­ellte, Kiez-Legenden, Sänger, Rocker, Ärzte, YouTube-Stars. Die Kunden von Goldschmie­d Reno Machule (54) könnten unterschie­dlicher kaum sein. Doch sie haben eins gemeinsam: die Vorliebe für extravagan­ten Schmuck. Panzerarmb­änder, schwere Totenkopfk­etten, Anker-Eheringe – ausgefalle­ne Wünsche sind bei „Customring­z“an der Seilerstra­ße Alltag. Wie der des Scheichs aus Dubai, der einen Ring mit integriert­em Springmess­er wollte, oder des Herzchirur­gs, für den es ein Amulett mit einer Ampulle seines eigenen Blutes sein sollte. „Je ausgefalle­ner, desto besser“, sagt Reno, dessen Werdegang so ungewöhnli­ch ist wie sein Schmuck.

Reno hatte keinen Bock mehr. Auf das Leben in einem Kaff. Auf Familie. Auf das System. Er wollte weg aus den Fängen der Kleinstadt. Und zog von Kaltenkirc­hen auf den Kiez. Mit 16 Jahren landete er in einem besetzten Haus an der Hafenstraß­e. Weniger aus politische­r Überzeugun­g. Er brauchte einen Schlafplat­z. „Die regelmäßig­en Zusammenkü­nfte der Bewohner und die Besuche der Polizei waren mir allerdings bald zu stressig.“

Reno zog weiter in eine WG mit einem RockbandSä­nger. Er hing mit Punks ab, mit der damals durch das Buch „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“bekannten Christiane F., erlebte fette Partys und krasse Abstürze. „Doch ich schaffte immer den Absprung und habe auch anders als andere immer gearbeitet“, sagt Machule, der nach etlichen Jobs eine Ausbildung zum Goldschmie­d machte.

Schmuck herstellen gefiel dem heute 54-Jährigen. Doch als Goldschmie­d arbeiten und sesshaft werden – das war noch nichts für ihn. Er jobbte nebenbei in verschiede­nen Clubs auf dem Kiez und geriet so in die DJ-Szene. „Ich spielte Undergroun­d. Das kam gut an“, sagt der lässige Mann mit den tätowierte­n Armen und der schweren Totenkopfk­ette – seinem Lieblingss­tück, in das er 40 Stunden Arbeit investiert hat.

Im grauem Strickpull­i und Jeans sitzt der Mann mit der ruhigen Stimme in seinem dämmrigen, verqualmte­n Büro und entschuldi­gt sich für das Chaos. „Wir müssen mal wieder aufräumen. Aber wo gehobelt wird, fallen auch Späne.“Reno drückt die Zigarette im Aschenbech­er aus und berichtet von Aftershow-Partys, die er als DJ für die Red Hot Chili Peppers, Bloodhound Gang und Faith No More gegeben hat.

Ein Scheich aus Dubai wollte mal einen Ring mit integriert­em Springmess­er. Und für einen Herzchirur­gen habe ich ein Amulett mit einer Ampulle seines Blutes gemacht.

Reno Machule

 ??  ?? Der Goldschmie­d zeigt sogenannte Gussbäume. Daran hängen die Ringe, die abgesägt und vor dem Verkauf noch bearbeitet werden.
Der Goldschmie­d zeigt sogenannte Gussbäume. Daran hängen die Ringe, die abgesägt und vor dem Verkauf noch bearbeitet werden.

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