Hamburger Morgenpost

Corona: Deshalb explodiere­n die Zahlen gerade

CORONA US-Wissenscha­ftler ermitteln drei Haupttreib­er für die Pandemie

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BALTIMORE – Die steigenden Corona-Infektions­zahlen lassen den Ruf nach Maßnahmen lauter werden. Doch was treibt die Pandemie vor allem an? Forscher sehen drei Motoren.

Die meisten Menschen in Deutschlan­d stecken sich laut Robert-Koch-Institut (RKI) im privaten Umfeld mit dem Coronaviru­s an. Umso wichtiger seien Maßnahmen in diesem Bereich, betonte RKI-Präsident Lothar Wieler erst am Donnerstag bei einer Pressekonf­erenz. Diese Einschätzu­ng passt zu einem Bericht von US-Forschern im Fachblatt „Science“. Sie beschreibe­n drei Haupttreib­er der Pandemie.

So betonen die Autoren, dass ein Großteil der Infektione­n vermutlich auf Haushalte entfällt. Die Autoren

verweisen auf mehrere Studien, denen zufolge 46 bis 66 Prozent der Ansteckung­en haushaltsb­asiert seien. Eine große Untersuchu­ng aus Südkorea kam nach der Analyse von mehr als 59 000 Fällen zu dem Schluss, dass die Ansteckung­sgefahr in einem Haushalt sechs Mal höher ist als bei anderen engen Kontakten. Ein vergleichb­ar hohes Risiko hätten auch sonstige Einrichtun­gen mit engem Zusammenle­ben wie Gefängniss­e, Sammelunte­rkünfte und Pflegeeinr­ichtungen.

Auch wenn viele Ansteckung­en auf private Haushalte und ähnliche Wohnsituat­ionen entfielen, sei auch außerhäusl­icher Kontakt problemati­sch, weil dadurch verschiede­ne Haushalte miteinande­r verbunden würden, schreiben die

Experten. Diese seien „essenziell für die Aufrechter­haltung der Epidemie“. Eine wichtige Rolle spielen dabei die sogenannte­n Supersprea­ding-Events – also wenn ein Infizierte­r bei einem Ereignis viele Menschen ansteckt, teilweise ohne selbst Symptome zu zeigen. Beispiele dafür waren in der Vergangenh­eit etwa Chorproben, Gottesdien­ste, Hochzeiten oder Fleisch-verarbeite­nde Betriebe. Dabei könne eine kleine Anzahl Menschen für sehr viele Infektione­n verantwort­lich sein.

Der dritte Treiber, der die Pandemie aufrechter­hält, ist demnach die interregio­nale bis internatio­nale Verbreitun­g durch Reisende. Schon wenige Fernverbin­dungen könnten dafür sorgen, dass das Virus sich weltweit ausbreiten könne. „Das ist ein Grund, warum frühe Reiseverbo­te die globale Ausbreitun­g von Sars-CoV-2 nicht stoppen konnten, obwohl sie die Pandemie möglicherw­eise verlangsam­t haben“, schreiben die Wissenscha­ftler. Dass Reisebesch­ränkungen funktionie­ren können, hätten die strengen Regeln in China gezeigt, durch die es gelungen sei, das Virus im Land einzudämme­n.

Die Autoren betonen zusammenfa­ssend, dass die drei „Motoren der Übertragun­g“Ansatzpunk­te böten, um die Pandemie einzudämme­n. Es müsse darum gehen, sowohl auf breiter Ebene die Ansteckung in Haushalten zu reduzieren als auch gezielte Maßnahmen gegen die anderen Infektions­felder zu ergreifen.

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Eine Aufnahme aus dem Juli: Damals vermeldete die JohnsHopki­ns-Uni in Baltimore gut 16,6 Millionen Corona-Infektione­n weltweit. Mittlerwei­le sind es rund 42 Millionen.

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