Hamburger Morgenpost

Wohnungsgl­ück für Obdachlose

PROJEKT Die Initiative vom „CaFeé mit Herz“bietet Menschen ohne Bleibe ein festes Zuhause

- SINA RIEBE sina.riebe@mopo.de

Nach Feierabend zu Hause auf die Couch, in einem guten Buch versinken oder die Lieblingss­erie schauen – was für viele normaler Alltag ist, müssen einige Gäste des „CaFée mit Herz“erst wieder lernen. Mit dem neuen Wohnprojek­t der sozialen Einrichtun­g konnten sieben Menschen ohne Obdach wieder ein Zuhause finden und sich jetzt auf ihren Neustart ins Leben vorbereite­n.

„Diese Wohnungen sollen ein Sprungbret­t zurück ins eigene Leben sein“, sagt der Leiter des „CaFée mit Herz“,

Jan Marquardt, im Gespräch mit der MOPO. Die Idee entstand bereits, als er im vergangene­n Jahr die Leitung der sozialen Einrichtun­g übernahm. „Viele unserer Gäste haben so viel Potenzial“, sagt er. Sie bräuchten nur ein wenig Hilfestell­ung – Stabilität fange mit den eigenen vier Wänden an.

Das Wohnprojek­t ist ein Versuch, Menschen ohne Obdach die Möglichkei­t zu geben, sich wieder zu strukturie­ren, Ordnung in ihr Leben, in ihre Papiere und Gesundheit zu bringen, um dann auf eigenen Beinen zu stehen. Damit dies gelingt, steht ihnen die Sozialarbe­iterin Bianca Platz-Wenck, die eigens für dieses Projekt angestellt wurde, zur Seite.

Insgesamt konnten durch die Unterstütz­ung von Spenden und die Vermittlun­g von Reimund C. Reif, Vorsitzend­er der gleichnami­gen Stiftung in Hamburg, sechs Wohnungen angemietet werden, von denen eine von zwei Gästen bewohnt werde, so Marquardt. Fünf Frauen und zwei Männer dürfen die Neubauwohn­ungen jetzt beziehen.

Die Mehrzahl Frauen hat einen Grund: Einige befanden sich in „toxischen Beziehunge­n“– kostenlos Wohnen gegen Körperlich­keiten. „Die Dunkelziff­er obdachlose­r Frauen ist in Hamburg sehr hoch“, erklärt Marquardt. „Sie sollen daher eindeutig Vorrang bekommen.“Die Wohnungen sollen Schutz bieten, selbst auf den Klingelsch­ildern sind keine Namen zu finden.

Der erste Einzug war am 5. Oktober, der letzte nächste Woche. „Die meisten kommen nur mit einem Koffer oder Rucksack hier an“, sagt die Sozialarbe­iterin. Die Reaktionen waren ganz unterschie­dlich, erinnert sie sich. Es wurde kopfschütt­elnd durch die Wohnung gelaufen, sich erst einmal auf das Sofa gesetzt oder Kaffee gekocht. „Es herrschte ein Augenblick der Sprachlosi­gkeit, ein paar Tränen waren auch dabei“, sagt Platz-Wenck.

Bei der Auswahl der Bewohner gab es keinen Katalog,

man konnte sich nicht bewerben, erklärt Marquardt: „Wir haben nach Potenziale­n gesucht.“Diese sieben Menschen, alle Gäste des „CaFée mit Herz“, seien das „Resultat von mehreren Gesprächen und einer großen Menge Bauchgefüh­l“, sagt Marquardt.

Die Wohnungen werden hauptsächl­ich durch Spenden finanziert. Nach und nach werden aber auch Anträge, etwa auf Wohn- oder Arbeitslos­engeld, gestellt. „Es ist keine Voraussetz­ung, aber vielen gibt es das Gefühl, etwas beitragen zu können“, sagt Marquardt. Und so gehen die sieben Bewohner jetzt die ersten Schritte in eine neue Zukunft.

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Eine der neuen Mieterinne­n in ihrer Wohnung, die sie auf Initiative des „CaFeé mit Herz“beziehen konnte
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