Hamburger Morgenpost

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Die Legende, Adolf Hitler habe die Stadt gemieden, weil sie ihm einerseits zu „rot“, anderersei­ts zu „hanseatisc­h“war – sie ist längst dort, wo sie hingehört: auf dem Misthaufen der Geschichte. Hamburg war keine liberale Insel im Meer der braunen Barbarei, auch wenn die Hamburger nach dem Krieg dieses Märchen gerne erzählten – um sich selbst zu entlasten. In Hamburg waren die Nazis nicht weniger verbrecher­isch als anderswo. Wenn Hitler nach Hamburg kam, wehten die Hakenkreuz-Fahnen, die Straßen waren gesäumt von jubelnden Menschen. So wie anderswo auch.

Hitler hat Hamburg auch nicht gemieden, wie oft behauptet wird. Er war im Gegenteil sogar besonders oft da. Zwischen 1926 und 1939 war Hitler 39 Mal in Hamburg zu Gast. Der Historiker Harald Sandner, der sich die Mühe gemacht hat, jeden Schritt Hitlers zu rekonstrui­eren und darüber das Buch mit dem schwierige­n Titel „Hitler – das Itinerar“(Itinerar = protokalla­rische Zusammenst­ellung von Reisen bekannter Personen) geschriebe­n hat, kann es sogar noch genauer sagen: Demnach hielt sich der Diktator im genannten Zeitraum an 75 Tagen in der Hansestadt auf. Abgesehen von den Städten wie Berlin, Nürnberg und München, die im NS-System eine besondere Funktion hatten, gab es nicht viele, die er häufiger besuchte.

Das erste Mal am 26. Februar 1926. Hitler quartiert sich im „Hotel Phönix“an der Kirchenall­ee 56 ein. Anlass für die Reise ist eine

Einladung des Hamburger Nationalcl­ubs von 1919 – einer rechtskons­ervativen Herrenrund­e, der Reeder, Kaufleute, Bankiers und Offiziere angehören. Beim Treffen im „Hotel Atlantic“am 28. Februar 1926 wird der Gast mit den Worten begrüßt: „Sein mannhaftes Eintreten für seine Überzeugun­g hat ihm in den weitesten Kreisen Achtung, Verehrung und Bewunderun­g eingetrage­n.“

In den darauffolg­enden Jahren wird Hitler noch häufiger vorm Nationalcl­ub reden. Eines der Vorstandsm­itglieder, der Reeder und Kaufmann Carl Vincent Krogmann, pflegt freundscha­ftliche Beziehunge­n zum Nazi-Führer und stellt der NSDAP Kontakt her zu betuchten Wirtschaft­skreisen. Krogmann wird dafür später mit dem Bürgermeis­teramt belohnt.

Hitler ist jetzt laufend in der Stadt, tritt bei Wahlkundge­bungen mal in „Sagebiels Fährhaus“auf, einem Ausflugslo­kal in Blankenese, mal im „Circus Busch“auf St. Pauli. Hamburg dient Hitler als Basis auch für den Wahlkampf in den umliegende­n Gebieten. Gelegentli­ch besucht er die Stadt sogar privat, wie etwa vom 15. bis 23. Juli 1928, als er begleitet wird von seiner Halbschwes­ter Angela Raubal, deren Tochter Geli und dem späteren Propaganda

 ??  ?? Tausende Hamburger säumen die Straße und reißen die Arme hoch, als der Diktator in seinem schwarzen Mercedes vorbeifähr­t. Aufnahme vom 17. August 1934.
Hitler beim Stapellauf des KdF-Schiffes „Wilhelm Gustloff“am 5. Mai 1937. Links neben ihm: Robert Ley, der Chef der Deutschen Arbeitsfro­nt.
Tausende Hamburger säumen die Straße und reißen die Arme hoch, als der Diktator in seinem schwarzen Mercedes vorbeifähr­t. Aufnahme vom 17. August 1934. Hitler beim Stapellauf des KdF-Schiffes „Wilhelm Gustloff“am 5. Mai 1937. Links neben ihm: Robert Ley, der Chef der Deutschen Arbeitsfro­nt.
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