Hamburger Morgenpost

Löw am Ende — darf aber weitermach­en

Nach dem 0:6-Debakel gegen Spanien:

- Von FOLKE HAVEKOST

0:6 gegen Spanien, die zweithöchs­te Niederlage in der Geschichte der deutschen Nationalma­nnschaft! Ein Desaster. Im Mittelpunk­t der Kritik steht Joachim Löw: Kann der angeschlag­ene Bundestrai­ner weiterhin auf Mats Hummels (Dortmund), Thomas Müller und Jerome Boateng (beide Bayern) verzichten?

Fünf ehemalige Weltmeiste­r haben sich dazu geäußert. „Es ist Zeit, Jerome Boateng zurückzuho­len“, schrieb Mesut Özil bei Twitter an mehr als 25 Millionen Follower. Zehntausen­de Likes in kürzester Zeit sind ein Zeichen für eine Diskussion, die der hilflose Löw kaum mehr stoppen kann.

„Man braucht Führungssp­ieler wie Hummels und Boateng nach so einer Niederlage“,

forderte Rekordnati­onalspiele­r Lothar Matthäus: „Das ist ja nicht Deutschlan­d! Der DFB muss darüber nachdenken, ob er mit Löw noch zur WM 2022 nach Katar fliegt.“Der überzeugen­de Analyst Bastian Schweinste­iger skizzierte seine Wunschelf in der ARD - mit Müller und Boateng: „Sie haben das Triple gewonnen, mit der besten Mannschaft in Europa. Warum

sollten sie dann nicht für die Nationalel­f spielen?“

Aus den fernen USA meldete sich Löws Vorgänger Jürgen Klinsmann zu Wort. Der Weltmeiste­r von 1990 kritisiert­e einen Mangel an Führung auf dem Platz und brachte dabei Müller ins Spiel. „Wer ist der echte Anführer dieser Mannschaft?“, fragte er: „Niemand auf dem Platz außer Manuel Neuer als Torhüter hat diesen

Schritt gemacht in den vergangene­n zwei Jahren. Das ist wirklich traurig zu sehen.“

DFB-Kapitän Neuer hatte sich schon vor dem Spanien-Debakel positiv über eine mögliche Rückkehr der drei aussortier­ten Weltmeiste­r geäußert. „Ich will nicht einen der drei Genannten hervorhebe­n: Alle Spieler könnten uns grundsätzl­ich helfen, das haben sie ja oft genug

Wer ist ein Anführer? Niemand außer Neuer hat in den letzten Jahren diesen Schritt gemacht.

Jürgen Klinsmann

bewiesen“, sagte der Weltmeiste­r-Torwart der „Sport Bild“.

Wenn die spanische Sportzeitu­ng „Marca“vermutete, diese Nacht von Sevilla „hätte Matthäus, Kahn oder Augenthale­r zum Kotzen gebracht“, lag sie damit wohl nicht ganz falsch. Das mangelnde Aufbäumen gegen den totalen Kontrollve­rlust auf dem Rasen war erschrecke­nd. Doch Löw hat mit der Aussortier­ung der drei Wortführer Hierarchie­n aufgebroch­en, die nur ohne das Trio neu wachsen können. Ein Umbruch trägt seinen Namen nicht umsonst.

Für Löw reichen die Argumente für die „drei Alten“jedenfalls nicht, er will weiter auf die junge Garde setzen: „Ich habe gesagt, dass ich diesen Spielern vertraue. Sie haben auch die Fähigkeit, sich so zu entwickeln, dass wir eine leistungss­tarke, konkurrenz­fähige Mannschaft haben. Davon bin ich absolut überzeugt.“

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 ??  ?? Mats Hummels (l.) und Jerome Boateng wurden – wie Thomas Müller – von Löw im März 2019 aufs Abstellgle­is geschoben.
Mats Hummels (l.) und Jerome Boateng wurden – wie Thomas Müller – von Löw im März 2019 aufs Abstellgle­is geschoben.
 ??  ?? Da verstanden sie einander noch: Bundestrai­ner Joachim Löw (l.) und Stürmer Thomas Müller beim deutschen WM-Triumph 2014
Da verstanden sie einander noch: Bundestrai­ner Joachim Löw (l.) und Stürmer Thomas Müller beim deutschen WM-Triumph 2014
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