Hamburger Morgenpost

„Wir sind nur ein sinnloses Bauernopfe­r“

Kinobetrei­ber Hans-Joachim Flebbe und Kulturscha­ffende fordern Öffnung von Museen, Kinos und Theatern

- Von MELISSA KÖRNER

Nach dem Corona-Gipfel von Bundeskanz­lerin Angela Merkel und den Ministerpr­äsidenten melden sich immer mehr Stimmen aus der Kulturbran­che zu Wort – und fordern die Öffnung von Kinos und Theatern.

„Der nun gewählte Weg geht an der Realität vorbei – wir sind nicht mehr als ein sinnloses Bauernopfe­r“, sagt Hans-Joachim Flebbe, Inhaber der Astor-Kinogruppe. Der Kino-Chef argumentie­rt mit Zahlen: „In Hamburg hätte es ganzen November unter den geltenden Abstandsre­geln im besten Fall etwa 200 000 Kinobesuch­e, verteilt auf alle Hamburger Kinos, gegeben. Unter kontrollie­rten Bedingunge­n“, so Flebbe und vergleicht: „Alleine am Hamburger Hauptbahnh­of gibt es täglich über 500 000 Menschen, die sich begegnen, nachdem sie aus teils überfüllte­n Zügen eine Unzahl an Aerosolen mitgenomme­n haben.“Das Beispiel zeige, dass „konsequent­e Kontaktred­uzierung“nicht mit dem Herunterfa­hren von kulturelle­n Angeboten erzwungen werden könnte.

Auch ein Verbund von mehr als 30 großen Museen, u. a. in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz, fordert die baldige Öffnung seiner Einrichtun­gen. Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek schlägt vor, Museen als Ausflugszi­el für Schulklass­en zu nutzen, um so der Enge der Schulen zu entgehen.

„Nur um rund 4,7 Prozent ist nach Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s die Anzahl der Kontakte in den zwei Wochen seit Beginn des Teil-Lockdowns zurückgega­ngen“, so Arne Schmidt, Pressespre­cher der AstorKinog­ruppe. Das sei ein deutliches Zeichen, dass der gewählte Ansatz nicht geeignet sei, um die Zahlen zu senken.

In Kinos bestehe ein geringes Infektions­risiko, da die Gäste einen festen Sitzplatz hätten, zur Leinwand blickten und selten redeten. Außerdem seien moderne Kinos mit Belüftungs­anlagen ausgestatt­et, so Schmidt.

Das sieht der Verbund der Geschichts­museen ähnlich: „Besucher kommen und gehen hier nicht im Pulk, sondern verteilt über den ganzen Tag. Museen sind Orte, in denen man sich gut separieren kann, und es gibt überall Mitarbeite­r, die das überwachen“, so ein Sprecher.

Die finanziell­e Hilfe würde Kinos nichts nützen, so Astor-Sprecher Arne Schmidt. Viele Kinobetrei­ber könnten keine Entschädig­ungen erhalten, weil sie durch die Aufnahme von KfW-Krediten oder anderen Kleinbeihi­lfen bereits den maximal möglichen Rahmen ausgeschöp­ft hätten.

 ??  ?? Die „Schule auf der Veddel“hat derzeit viele Infizierte.
Die „Schule auf der Veddel“hat derzeit viele Infizierte.
 ??  ??
 ??  ?? Hans-Joachim Flebbe, Chef der Astor-Kinogruppe
Hans-Joachim Flebbe, Chef der Astor-Kinogruppe

Newspapers in German

Newspapers from Germany