Hamburger Morgenpost

IM KIEZ-TESTZENTRU­M

ST. PAULI Unternehme­r bieten günstige Corona-Tests mit schnellem Ergebnis. Behörde skeptisch

- Von SAMIRA DEBBELER

An der Reeperbahn soll es bald die Lizenz zum Feiern geben:

Die Großeltern umarmen, sich mit Freunden singend in den Armen liegen, mit den Kollegen gemeinsam die Mittagspau­sen im Restaurant um die Ecke verbringen – aktuell nicht möglich. Zwei Unternehme­r aus Hamburg wollen das ändern und mit ihrer Idee zur Rückkehr in die Normalität verhelfen. Und das möglichst schon ab nächster Woche.

Der IT-Unternehme­r Heiko Fuchs und Axel Strehlitz, Geschäftsf­ührer des Klubhauses auf St. Pauli, haben eine Strategie entwickelt, mit der zumindest das Leben im privaten Raum wieder normaler werden könnte.

Mitten auf der Reeperbahn zwischen den „Tanzenden Türmen“, dem „Panoptikum“, Clubs und Imbissbude­n befindet sich das neue Testzentru­m.

Der Eingang der Teststatio­n ist gegenüber vom „Panoptikum“. In einem weißen länglichen Zelt befindet sich der Warteberei­ch. Von dort gelangt der Proband in einen blauen Container. Darin wird ein Mitarbeite­r in einem kastenarti­gen Raum sitzen und die Identität der Person durch eine Glasscheib­e prüfen. Auch dort sollen dann die Tests stattfinde­n. Klingt erst mal ganz normal – die Station auf dem Spielbuden­platz unterschei­det sich dennoch von anderen.

„Für nur 24,95 Euro können sich Hamburger auf das Coronaviru­s testen lassen. Das Ergebnis erhalten die Getesteten 24 Stunden später“, erklärt Heiko Fuchs im Gespräch mit der MOPO. Damit seien sie die derzeit preiswerte­sten Anbieter in Hamburg. Die Hamburger können sich also günstig testen lassen, um vielleicht wieder mehr Treffen zu ermögliche­n. Die zwei Unternehme­r haben sich dabei für das zuverlässi­gere Verfahren entschiede­n. „Wir wenden das PCR-Testverfah­ren an und nicht die Schnelltes­ts“, erklärt Strehlitz.

Derzeit gibt es laut Gesundheit­sministeri­um zwei verschiede­ne Tests in Deutschlan­d: Die PCR-Testung und die Antigen-Tests, die sogenannte­n Schnelltes­ts. Beim PCR-Test wird das Erbmateria­l der Viren so stark vervielfäl­tigt, dass es nachgewies­en werden kann, auch wenn es nur in geringen Mengen vorkommt.

Bei Schnelltes­ts kommt es häufiger vor, dass ein posi

tives Ergebnis angezeigt wird, wenn die Person gar nicht infiziert ist. Deshalb muss ein positives Schnelltes­t-Ergebnis mittels PCR bestätigt werden. Das Ergebnis eines PCR-Tests ist also zuverlässi­ger.

Auf dem Kiez wird es so ablaufen: Die Testperson­en bekommen eine Kochsalzlö­sung, gurgeln diese dann 20 Sekunden und spucken die Flüssigkei­t schließlic­h zurück in das kleine Behältnis, das vom Testzentru­m in das Labor weitergele­itet wird. „Wir verwenden keine Stäbchen, mit denen auf unangenehm­e Art und Weise tief in der Nase oder im Rachen herumestoc­hert wird. Bei uns erläuft alles chmerzfrei“, o Strehlitz. Es gebe keine Verluste in er Sichereit. Zwar önnten beim Gurgeln mehr Aerosole entstehen als beim Abstrich, dafür sei der Testbereic­h aber mit einer entspreche­nden Lüftungsan­lage ausgestatt­et. Mithilfe der App „Corona Freepass“, die Heiko Fuchs mit seinem Team entwickelt hat, kann der Proband den Stand der Auswertung auf dem Smartphone verfolgen. Spätestens nach 24 Stunden soll ein Ergebnis vorliegen. Auch die Test-Termine können online gebucht werden. So verhindere man eine lange Wartezeit im Testzentru­m. Probanden sollen maximal 15 Minuten vor Ort warten müssen.

Im Laufe der nächsten Woche soll das Testzentru­m am Spielbuden­platz auf St. Pauli eröffnen. Sollte das Projekt funktionie­ren, könne man im nächsten Jahr darüber nachdenken, ob sich die Strategie eigne, um sichere Clubbesuch­e oder Ähnliches zu ermögliche­n.

Laut Sozialbehö­rde befreit ein negatives Testergebn­is nicht von Maskenpfli­cht oder Abstandsge­bot. Eine Einschätzu­ng, ob derartige Konzepte das Feiern wieder ermögliche­n könnten, könne aktuell nicht getroffen werden. „Wir befinden uns in einer Phase der Pandemie, in der Zusammenkü­nfte ein Infektions­risiko darstellen“, so Martin Helfrich, Sprecher der Sozialbehö­rde in Hamburg.

„Clubgänge, wie wir sie aus dem vergangene­n Jahr kannten, werden gewiss auch zu Beginn des kommenden Jahres 2021 noch nicht in derselben Weise stattfinde­n können“, erklärt er. Ein Test sei immer nur eine Momentaufn­ahme – und die Testkapazi­täten darüber hinaus gegenwärti­g nach wie vor limitiert. „Wir müssen sie da einsetzen, wo sie unbedingt benötigt werden“, so Helfrich.

„Im ersten Schritt wollen wir es ermögliche­n, dass sich das private Leben normalisie­rt, also Treffen mit Freunden, das Weihnachts­fest bei der Familie und das Feiern zu Silvester“, so Fuchs und Strehlitz. Es gehe nicht darum, einen Freifahrts­chein für Partygänge­r auszustell­en, sondern eine Möglichkei­t zu schaffen, bedenkenlo­s die Großeltern in die Arme schließen zu können oder sich mit Freunden zu treffen.

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Das neue Testzentru­m befindet sich mitten auf dem Kiez.
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In einer solchen Dose kommt die Lösung ins Labor.
Axel Strehlitz (l.) und Heiko Fuchs in einem der Container auf dem Spielbuden­platz Über diese App werden Getestete über ihr TestErgebn­is benachrich­tigt. In einer solchen Dose kommt die Lösung ins Labor.

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