Der Engel der behinderten Hunde
Alexander Karsten (56) baut Rollstühle für Vierbeiner mit Handicap.
Mischling Tommy, sieben Jahre alt, sprüht vor Lebensfreude: Er kann wieder nach Hunde-Herzenslust durch die Gegend flitzen. Möglich macht das Alexander Karsten (56) aus Schneverdingen, der ehrenamtlich Rollwagen baut für gehandicapte Hunde. Dabei fürchtet er sich eigentlich vor den Tieren.
Für Tommy, klein und freundlich, macht Alexander Karsten eine Ausnahme, Tommy traut er sich, anzufassen. Bei allen anderen „Patienten“überwacht er die Anpassung seiner Mini-Rollwagen schon mal aus dem Autofenster heraus, sicher ist sicher: „Ich habe tierische Angst vor Hunden“, gesteht der gelernte Maschinenbauer im Gespräch mit der MOPO, „schon immer.“
Die Angst hält ihn freilich nicht davon ab, gelähmten Hunden zu einem neuen Leben zu verhelfen. Seit sechs Jahren bringt er für die Stiftung De Hun’nehoff aus Schneverdingen (Niedersachsen) Hunde, die eigentlich schon eingeschläfert werden sollten, wieder zum Toben: „Die Tiere leiden genauso wie wir Menschen. Sie können es nur nicht sagen.“
Der Gnadenhof, der derzeit 90 behinderte und misshandelte Hunde betreut, wurde kürzlich mit einem
Preis des Deutschen Tierschutzbundes ausgezeichnet. Der lütte Tommy etwa kam 2017 auf den Hof, mit gelähmten Hinterläufen, die Beinchen schon ganz wund durch das Schleifen.
Jeder Rollstuhl, mit dem die vierbeinigen Bewohner voller Elan über das Hofgelände pesen, ist von Alexander Karsten individuell angefertigt worden, angepasst an die Anatomie der verschiedenen Rassen und an die unterschiedlichen Erkrankungen.
Materialkosten pro MiniRolli: 300 bis 400 Euro. Wo immer er ist, erzählt Alexander Karsten, sucht er nach geeigneten Bauteilen: „Oft ganz unbewusst, ich kann da nie so richtig abschalten.“
Zwei Nähmaschinen hat er schon verschlissen, aber das ist es wert: „Die Hunde sind nicht zufrieden, wenn sie nicht laufen können. Wenn sie mit dem Rolli wieder loskönnen, ist das wie ein neues Leben“, freut sich der Rolli-Tüftler: „Das ist rührend anzusehen und macht mich jedes mal ganz stolz.“
Alexander hat selbst drei zusammengeschraubte Wirbel, es ist nicht ausgeschlossen, dass er selbst einmal nicht mehr gehen kann: „ Wenn ich irgendwann einen Rollstuhl brauche, werde ich mir den selbst bauen.“Bis dahin hilft er denen, vor denen er sich eigentlich fürchtet und die ihm dennoch ihr zweites Leben verdanken.