Hamburger Morgenpost

Der Engel der behinderte­n Hunde

Alexander Karsten (56) baut Rollstühle für Vierbeiner mit Handicap.

- Von BETTINA BLUMENTHAL (Fotos) UND STEPHANIE LAMPRECHT

Mischling Tommy, sieben Jahre alt, sprüht vor Lebensfreu­de: Er kann wieder nach Hunde-Herzenslus­t durch die Gegend flitzen. Möglich macht das Alexander Karsten (56) aus Schneverdi­ngen, der ehrenamtli­ch Rollwagen baut für gehandicap­te Hunde. Dabei fürchtet er sich eigentlich vor den Tieren.

Für Tommy, klein und freundlich, macht Alexander Karsten eine Ausnahme, Tommy traut er sich, anzufassen. Bei allen anderen „Patienten“überwacht er die Anpassung seiner Mini-Rollwagen schon mal aus dem Autofenste­r heraus, sicher ist sicher: „Ich habe tierische Angst vor Hunden“, gesteht der gelernte Maschinenb­auer im Gespräch mit der MOPO, „schon immer.“

Die Angst hält ihn freilich nicht davon ab, gelähmten Hunden zu einem neuen Leben zu verhelfen. Seit sechs Jahren bringt er für die Stiftung De Hun’nehoff aus Schneverdi­ngen (Niedersach­sen) Hunde, die eigentlich schon eingeschlä­fert werden sollten, wieder zum Toben: „Die Tiere leiden genauso wie wir Menschen. Sie können es nur nicht sagen.“

Der Gnadenhof, der derzeit 90 behinderte und misshandel­te Hunde betreut, wurde kürzlich mit einem

Preis des Deutschen Tierschutz­bundes ausgezeich­net. Der lütte Tommy etwa kam 2017 auf den Hof, mit gelähmten Hinterläuf­en, die Beinchen schon ganz wund durch das Schleifen.

Jeder Rollstuhl, mit dem die vierbeinig­en Bewohner voller Elan über das Hofgelände pesen, ist von Alexander Karsten individuel­l angefertig­t worden, angepasst an die Anatomie der verschiede­nen Rassen und an die unterschie­dlichen Erkrankung­en.

Materialko­sten pro MiniRolli: 300 bis 400 Euro. Wo immer er ist, erzählt Alexander Karsten, sucht er nach geeigneten Bauteilen: „Oft ganz unbewusst, ich kann da nie so richtig abschalten.“

Zwei Nähmaschin­en hat er schon verschliss­en, aber das ist es wert: „Die Hunde sind nicht zufrieden, wenn sie nicht laufen können. Wenn sie mit dem Rolli wieder loskönnen, ist das wie ein neues Leben“, freut sich der Rolli-Tüftler: „Das ist rührend anzusehen und macht mich jedes mal ganz stolz.“

Alexander hat selbst drei zusammenge­schraubte Wirbel, es ist nicht ausgeschlo­ssen, dass er selbst einmal nicht mehr gehen kann: „ Wenn ich irgendwann einen Rollstuhl brauche, werde ich mir den selbst bauen.“Bis dahin hilft er denen, vor denen er sich eigentlich fürchtet und die ihm dennoch ihr zweites Leben verdanken.

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 ??  ?? Tom Bode, Gründer der Stiftung De Hun’nenhoff, spielt mit Hunden, die wieder mobil sind.
Tom Bode, Gründer der Stiftung De Hun’nenhoff, spielt mit Hunden, die wieder mobil sind.
 ??  ?? Tommy (7) kann dank des Rollwagens wieder durch die Gegend flitzen.
Tommy (7) kann dank des Rollwagens wieder durch die Gegend flitzen.
 ??  ?? Die angefertig­ten Hunde-Rollwagen haben unterschie­dliche Größen.
Die angefertig­ten Hunde-Rollwagen haben unterschie­dliche Größen.
 ??  ?? Alexander Karsten bei der Arbeit. Jeder Hunde-Rolli wird individuel­l angefertig­t.
Alexander Karsten bei der Arbeit. Jeder Hunde-Rolli wird individuel­l angefertig­t.
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Alexander Karsten (56) baut Rollstühle für Hunde mit Han
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