Hamburger Morgenpost

„KAs ist nur EinE lAutE MinDErHEit“

Exklusiv: Jens Spahn (CDU) über Querdenker, Corona, Impfstoffe

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Die Politik kennt seit Monaten nur noch ein Thema – und er ist der Minister, der den Deutschen den politische­n Kampf gegen die Corona-Pandemie erklärt: Jens Spahn (40). Im Exklusivin­terview spricht der CDU-Politiker, den viele für den idealen Parteichef und Kanzler halten, über Querdenker­Demonstran­ten, neue Einschränk­ungen und Impfstoffe, die es bald geben soll. Herr Spahn, am Mittwoch gab es massive Proteste gegen die Neuregelun­g des Infektions­schutzgese­tzes. Die Szene radikalisi­ert sich. Wie sollte die Politik darauf reagieren?

Man darf sich durch die Bilder und die Lautstärke vom Mittwoch nicht täuschen lassen. Das ist nur eine laute Minderheit. Die große Mehrheit der Deutschen trägt die Corona-Politik des Bundes und der Landesregi­erungen grundsätzl­ich mit. Noch wichtiger: Die große Mehrheit lebt diese Politik in ihrem Alltag und passt aufeinande­r auf. Das tun sogar auch viele derjenigen, die mit diesen Einschränk­ungen hadern oder an mancher Entscheidu­ng zweifeln. Das heiß, Sie ignorieren das? Absolut nicht. Protest und Kritik sind in einer Demokratie nicht nur erlaubt, sondern sogar gewünscht. Mit vielen Gegnern unserer Politik ist ja auch ein Gespräch möglich, es geht um nachvollzi­ehbare Sorgen, Probleme, Existenznö­te. Diese Diskussion, dieses Gespräch, ist unbedingt notwendig. Denn wir erleben aktuell die umfangreic­hsten Einschränk­ungen von Freiheitsr­echten in der Geschichte der Bundesrepu­blik. Aber auf diesen Demonstrat­ionen sind auch die Rechtsextr­emen, die Reichsbürg­er, die Verschwöru­ngstheoret­iker.

Da ziehe ich eine klare Grenze. Was mich besorgt und irritiert: Am Mittwoch wehte die Regenbogen­flagge neben der Reichskrie­gsflagge.

Da sollten sich die Fahnenträg­er der Regenbogen­flagge schon überlegen, mit wem sie sich gemeinmach­en. Wie wollen Sie dieser gefährlich­en Mischung beikommen?

Erklären, erläutern und das Gespräch suchen – soweit es gewünscht ist. Und dann transparen­t entscheide­n. Das ist das Rezept. Das hat übrigens bei der Corona-WarnApp sehr gut geklappt. Wir haben die Bedenken rund um den Datenschut­z transparen­t diskutiert und aufgegriff­en und damit eine breite gesellscha­ftliche Akzeptanz erreicht. Deshalb begrüße ich es auch, dass die Corona-Einschränk­ungen im Bundestag kontrovers diskutiert werden. Wie meinen Sie das? Die Migrations­krise 2015 hat auch deshalb für manchen Frust gesorgt, weil sich ein bestimmter Teil der

Debatte im Bundestag nicht wiedergefu­nden hatte. Das ist im Fall von Corona heute nicht der Fall. Wollen Sie damit sagen, dass Sie es gut finden, dass inzwischen die AfD im Bundestag sitzt?

Nein, im Gegenteil. Es geht um konstrukti­ve Debatten, daran hat die AfD kein Interesse. Aber ich darf daran erinnern, dass auch die FDP und die Linksparte­i gegen die Neuregelun­g des Infektions­schutzgese­tzes gestimmt haben. Es ist für eine Demokratie immens wichtig, dass auch von der Mehrheit abweichend­e Meinungen im Parlament geäußert werden. Die Bürgerinne­n und Bürger müssen sehen, dass ihre Kritik auch im Parlament ausgesproc­hen wird. Dann wird der Bundestag seiner repräsenta­tiven Funktion am besten gerecht. Apropos erklären: Was werden die Bundesregi­erung und die Länderchef­s der Bevölkerun­g nach ihrer Konferenz am Mittwoch verkünden?

Ich hatte vor einigen Tagen eine Schalte mit einem Verband junger Gastwirte. Neben allen Existenzso­rgen, die vorgetrage­n wurden, habe ich eine dringende Bitte gehört: Planungssi­cherheit. Die Bürgerinne­n und Bürger wollen wissen, was in den nächsten vier bis sechs Wochen gilt und was die Maßstäbe sind. Das heißt: Wir müssen am Mittwoch eine bestmöglic­he Perspektiv­e für den Zeitraum bis nach dem Jahreswech­sel geben. Perspektiv­e für die nächsten Wochen – wie sollte die aussehen?

Während der gesamten Winterzeit werden wir wohl auf Feiern verzichten müssen. Alles andere werden wir am Mittwoch besprechen. Sie besuchen am Montag das Dessauer Unternehme­n IDT. Erwarten Sie von diesem Unternehme­n ebenfalls einen zulasungsf­ähigen Impfstoff? us heutiger Sicht gibt es die egründete Hoffnung, dass uch die Dessauer IDT noch 021 eine Zulassung für einen pfstoff schaffen könnte. Es t sehr ermutigend und kann s auch stolz machen, dass ch Biontech und Curevac s dritte deutsche Impfstoffo­jekt auf einem viel verechende­n Weg ist.

 ??  ?? Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) erwartet, dass demnächst ein drittes deutsches Unternehme­n einen Impfstoff anmeldet.
Demonstrat­ion gegen die Anti-CoronaMaßn­ahmen der Bundesregi­erung am Samstag in Leipzig.
Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) erwartet, dass demnächst ein drittes deutsches Unternehme­n einen Impfstoff anmeldet. Demonstrat­ion gegen die Anti-CoronaMaßn­ahmen der Bundesregi­erung am Samstag in Leipzig.
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