Kontroverse um ein Verbot der AfD
Nach Störungen im Bundestag diskutieren Parteien Mittel und Wege
Wir dürfen der AfD jetzt nicht die Möglichkeit geben, sich in der Opferrolle zu präsentieren. Irene Mihalic, Die Grünen
BERLIN - Angesichts der Rolle der AfD bei den Störungen im Bundestag und den Protesten gegen die CoronaSchutzmaßnahmen debattieren Innenpolitiker über Konsequenzen im Umgang mit der Partei. Viele Reaktionen löste vor allem der Vorstoß von Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) aus, der auch ein Verbot der AfD ins Spiel brachte.
Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), nannte die Überlegungen nun „naheliegend“: „Die AfD wird ja in Teilen schon vom Verfassungsschutz beobachtet. Man kann seit Jahren sehen, wie sich die Schraube der Radikalisierung immer weiter dreht und auch die Vernetzung in andere Bereiche wie der Identitären Bewegung und der Freien Kameradschaften“, sagte er dem RND. Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, sprach sich dagegen gegen die Drohung mit einem AfDVerbot aus. „Angesichts der hohen Voraussetzungen für ein Parteiverbot aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sollte man einen solchen Schritt nicht ohne konkrete Pläne ins Spiel bringen“, sagte Kuhle dem RND. Die Gefahr eines Scheiterns sei zu groß. „Fest steht: Die Corona-Krise hat zu einer weiteren Radikalisierung der AfD geführt“, so der Liberale. „Die Verachtung für die Institutionen und Werte der Demokratie und des Grundgesetzes gehört in der Partei zum guten
Ton.“Die Verfassungsschutzbehörden müssten die gefährlichen Umtriebe der AfD als Gesamtpartei flächendeckend im Blick haben, forderte er.
Ähnlich argumentieren die Grünen: „Den Impuls hinter dem Verbotsgedanken kann ich sehr gut nachvollziehen, und die AfD hat gerade diese Woche im Kontext der Infektionsschutzdebatte wieder gezeigt, wie sehr sie unsere Verfassung und die parlamentarische Demokratie verachtet“, so Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin, zum RND.
Der hohen Hürden für ein Parteienverbot müsse man sich aber bewusst sein. „Wir dürfen der AfD jetzt nicht die Möglichkeit geben, sich in der Opferrolle zu präsentieren, sondern müssen diese von Hass und Verfassungsverachtung geprägte Partei mit allen Mitteln politisch bekämpfen“, so die Grüne. Thüringens Innenminister Georg Maier, der derzeit Chef der Innenministerkonferenz ist, hatte dem RND gesagt: „Die gesamte Partei entwickelt sich in eine rechtsextremistische Richtung. Ein Verbotsverfahren ist dabei das allerletzte Mittel. Aber auch das ist nicht mehr auszuschließen, wenn die Partei sich weiter radikalisiert.“
Die AfD reagiert empört: „So tief beschämend und vollkommen indiskutabel das Verhalten der von zweien unserer Abgeordneten in den Bundestag eingelassenen Gäste am Mittwoch war, so völlig überzogen und jedes vernünftige Maß vermissen lassend ist nun die Reaktion einiger unserer politischen Gegner“, so Parteichef Jörg Meuthen zum RND.