Hamburgs großer ImpfAngriff
Alles über die Pläne der Stadt:
Die Feststellung der Impfberechtigung ist ein hoheitlicher Akt.
Martin Helfrich
Hamburgs zentrales Impfzentrum in den Messehallen soll in der Spitze eine Kapazität von über 7000 Impfungen pro Tag erreichen, hat der Senat bekannt gegeben. Wann und in welchem Ausmaß die Impfungen beginnen können, hänge von der Zulassung und Lieferung der Impfdosen ab. Als Start hat Bürgermeister Peter Tschentscher derzeit den 15. Dezember anvisiert. Impfzentren in den Bezirken, wie etwa in Berlin, seien allerdings aus logistischen Gründen unpraktisch, heißt es.
Für wen die Impfungen zuerst bereitstehen, ist bundeseinheitlich gesetzlich geregelt. In einer ersten Phase werden sie voraussichtlich zunächst für Beschäftigte aus dem medizinisch-pflegerischen Bereich, Personal in der kritischen Infrastruktur (etwa Lehrer, Feuerwehrleute, Polizisten) sowie Angehörige von Risikogruppen angeboten werden.
In dieser Phase ist die Auswahl und Bereitstellung von Impfungen rein staatlich organisiert und wird in Hamburg auf unterschiedlichen Wegen erfolgen: Für Personen, die in medizinischen Einrichtungen tätig sind, kommt gegebenenfalls eine Durchführung der Impfung am Arbeitsplatz in Betracht. Für Personen, die andere wichtige Aufgaben in der Infrastruktur übernehmen, wird die Impfung zentral im Impfzentrum angeboten werden.
Insbesondere zur Impfung von Personen aus Risikogruppen, die beispielsweise in Pflegeeinrichtungen leben, plant Hamburg daneben auch mobile Impfteams, die zum Einsatz kommen können, wenn ein transportfähiger Impfstoff zur Verfügung steht. Mobile Impfungen in Einzelhaushalten sind ausgeschlossen.
Impfberechtigte Personen melden sich über ein OnlineTool oder ein eigens aufgebautes Callcenter, in welchem die Terminvereinbarung abgewickelt, die Impfberechtigung überprüft und ein Termin vor Ort im Impfzentrum vereinbart wird. Es ist damit zu rechnen, dass zwei Impfungen erforderlich sein werden. Impfungen ohne Anmeldung werden im Impfzentrum nicht stattfinden können.
Die Kosten für die Impfungen der ersten Phase werden zwischen dem Bund und dem Land Hamburg geteilt. Die Beschaffung der Impfstoffe erfolgt durch den Bund.
Je nach Fortschritt bei der Impfstoffentwicklung erfolgt der Übergang zu einer zweiten Phase: Erst wenn ein Impfstoff breit verfügbar und gut ausliefer- und lagerfähig ist, kann eine großflächige Impfung in medizinischen Einrichtungen und bei niedergelassenen Ärzten geplant werden.
Dann bekommen Risikogruppen in der Breite die Möglichkeit, geimpft zu werden. Besonders gefährlich kann das Virus bekanntlich für Raucher, Menschen mit Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes werden – aber woher weiß der Staat, wie dick jemand ist?
Wohlstandserkrankungen machen einen großen Teil der Gesamtbevölkerung zu potentiellen Covid-19-Intensivpatienten. Studien ergaben, dass jeder zweite beatmete Patient übergewichtig ist.
Auf welchem Weg diese Millionen von Betroffenen zu ihrem (freiwilligen) Impftermin kommen, entscheidet nicht Hamburg. Das wird zentral in Berlin festgelegt. „Die Feststellung der Impfberechtigung ist ein hoheitlicher Akt“, sagt Martin Helfrich, Sprecher der Hamburger Sozialbehörde, auf MOPO-Nachfrage.
Wahrscheinlich ist eine Lösung, bei der die Patienten sich selbst um ein Attest kümmern müssen, mit dem sie dann einen Impftermin in einem Impfzentrum beantragen können.
Auch soll es innerhalb der Risikogruppen noch Abstufungen geben, wer sich vorrangig impfen lassen kann, gestaffelt etwa nach Mehrfacherkrankungen und zunehmendem Alter.
Sorgen um mögliche Nebenwirkungen des Impfstoffs wie eine etwaige Veränderung des Erbguts in menschlichen Zellen muss man sich offenbar nicht machen. Während herkömmliche Impfstoffe, etwa gegen Masern, die Immunabwehr mit abgeschwächten Viren trainieren, funktionieren einige der hoffnungsvollsten Impfstoff-Kandidaten gegen Covid-19 anders: Es handelt sich um RNA-Impfstoffe, bei denen dem Körper BotenRNA („Messenger-RNA“) zugeführt wird, die wie eine Bauanleitung wirkt. RNA steht für Ribonukleinsäure.
Die Körperzellen produzieren nach dieser Bauanleitung ein Protein, das auch das Coronavirus enthält. Gegen dieses fremde Protein richtet sich dann die körpereigene Abwehr – und wenn das „echte“Virus den Körper entern will, ist das Immunsystem vorbereitet und kann die Attacke mit Antikörpern abwehren.
Aber dass ihr Körper fremde genetische Informationen gespritzt bekommen soll, klingt für viele Menschen beunruhigend. Was macht die fremde Ribonukleinsäure mit dem menschlichen Erbmaterial, der DNA, in den Zellen?
„Die RNA ist ein Zwischenprodukt, welches für die Bildung von Proteinen genutzt wird“, erklärt UKEVirologin Dr. Christine Dahlke. Das menschliche Erbmaterial sei davon nicht betroffen: „Die Erbinforma
tion besteht nicht aus RNA, sondern aus doppelsträngiger DNA, die sich im Zellkern befindet.“Die RNA, so Dahlke, könne sich nicht in DNA umwandeln. Und: „Sie kann sich definitiv nicht in die DNA integrieren, weil sie gar nicht bis in den Zellkern vordringt.“
Auch der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Professor Dr. Klaus Cichutek, erklärt in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Warnungen vor Erbgutschäden sind falsch und verursachen unbegründete Ängste.“Befürchtungen, die neuen mRNAImpfstoffe könnten das Erbmaterial des Menschen verändern, „entsprechen nicht dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand“.
Die „Pharmazeutische Zeitung“schreibt zu der Frage möglicher Erbgutmutationen: „Da die mRNA nur eine Botenfunktion hat, wird sie durch die überall vorhandenen Ribonukleasen sehr rasch abgebaut. Sie wird sogar so rasch abgebaut, dass es lange als ausgeschlossen galt, dass man sie therapeutisch nutzen kann.“
Der Corona-Impfstoff, den das UKE-Team um Professorin Marylyn Addo entwickelt, arbeitet auf eine andere Weise: Er ist ein so genannter Vektorimpfstoff. Bei dieser Art des Impfstoffes wird ein harmloser Erreger als Träger benutzt, um Moleküle des Coronavirus in den menschlichen Körper zu transportieren und dort eine Immunabwehr auszulösen.
Ein Beispiel für Vektorimpfstoffe ist der Impfstoff „Ervebo“gegen Ebola, an dessen Entwicklung Professorin Marylyn Addo ebenfalls mitgewirkt hat.