Hamburger Morgenpost

Als ein Betrüger Maradona dem HSV anbot

Die FußballLeg­ende sollte im Volkspark auflaufen. Alles über den irren Plan:

- Von FOLKE HAVEKOST

Solterbeck war ein Träumer, der nicht einmal die Rechnungen für seine HSV-Tickets begleichen konnte.

Heribert Bruchhagen

Diego Maradona war ein Mensch, der viele Träume weckte. Nicht nur von glitzernde­n Pokalen oder sozialem Aufstieg durch Fußball. Auch dass mit ihm an der Seite auf einmal alles gut wird. Eine kurze Zeit konnten auch HSV-Fans träumen, dass Maradona mit der Raute auf der Brust seine Zauberpäss­e im Volksparks­tadion schlägt.

„Ich schenke dem HSV einen Star“, versprach Jens Solterbeck im Sommer 1992 und kündigte dazu gleich an: „Ich ziehe das komplett allein über die Bühne.“Solterbeck, der sich gern „Johnny“rufen ließ, war ein Baulöwe aus Kiel und sah sich wohl als ähnlich schillernd­e Figur wie der argentinis­che Weltstar mit der „Hand Gottes“.

Der HSV und Maradona hatten zu dieser Zeit eins gemeinsam – beide waren über ihren Zenit hinaus. Nach der WM 1990 bekam Maradona beim SSC Neapel, mit dem er 1987 zu einem Freundscha­ftsspiel in Hamburg angetreten war, kaum noch ein Bein auf den Boden. Im April 1991 wurde er wegen seines Kokain-Konsums für 15 Monate gesperrt. Als die Sperre des 31-Jährigen ablief,

hatte der HSV die Saison auf Rang zwölf abgeschlos­sen, drei Zähler vor einem Abstiegspl­atz. Ab und an lieh er sich von Solterbeck Geld, um neue Spieler zu finanziere­n. „Wenn der HSV kommt, schließen die Banken ihre Schalter“, beschrieb Präsident Jürgen Hunke die Lage.

Ein Zugpferd war erwünscht, denn im Schnitt pilgerten nur 22 500 Besucher zu den HSV-Heimspiele­n. Solterbeck hatte die spezielle Idee, dass Maradona nur in Heimspiele­n eingesetzt werden sollte. Gegner konnten Maradona allerdings in ihr Stadion „bestellen“, wenn sie den HSV an den Spieltagse­innahmen beteiligen würden.

Klingt verrückt? So sah und sieht es auch Heribert Bruchhagen, der damals gerade als HSV-Manager angefangen und Solterbeck­s Pläne schnell als „Wichtigtue­rei“abgekanzel­t hatte. Jahrzehnte später verriet er dem Magazin „11Freunde“: „Der Wechsel von Maradona zum HSV stand niemals zur Debatte. Solterbeck war ein Träumer, der nicht einmal die Rechnungen für seine HSV-Tickets begleichen konnte.“

Im September 1992 verkaufte Neapel seinen einstigen Helden für knapp sechs Millionen Euro an den FC Sevilla. Mehr als die Hälfte davon zahlte Maradona aus eigener Tasche, um wieder Fußball spielen zu können. Der mehrfach vorbestraf­te Solterbeck, der im „wilden Osten“reihenweis­e Firmen übers Ohr haute, musste 1994 selbst Konkurs anmelden.

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 ??  ?? 2006 ist Maradona erneut im Volkspark – und sieht das 2:1 seiner Argentinie­r im WM-Spiel gegen die Elfenbeink­üste.
2006 ist Maradona erneut im Volkspark – und sieht das 2:1 seiner Argentinie­r im WM-Spiel gegen die Elfenbeink­üste.
 ??  ?? 1987 begrüßt HSV-Manager Felix Magath Maradona am Hamburger Flughafen. Neapel tritt beim HSV zum Freundscha­ftsspiel an.
1987 begrüßt HSV-Manager Felix Magath Maradona am Hamburger Flughafen. Neapel tritt beim HSV zum Freundscha­ftsspiel an.
 ??  ?? 100.000 Dollar Gage streicht der leicht übergewich­tige Maradona für seinen Auftritt im Volkspark zum 100. Geburtstag des HSV ein.
100.000 Dollar Gage streicht der leicht übergewich­tige Maradona für seinen Auftritt im Volkspark zum 100. Geburtstag des HSV ein.
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Diego Maradona tauscht mit Thomas von Heesen die Wimpel. Der HSV gewinnt 3:2.

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