Hamburger Morgenpost

Zum Jahresende droht verschärft­er Zulassungs­stau

Wer sein Auto noch 2020 anmelden muss, sollte sich sputen, sonst kann’s teuer werden

- Von MICHAEL NEHER

Neuwagen sollten in diesem Jahr spätestens bis Mitte Dezember zur Zulassung gebracht werden. Andernfall­s könnte es in die Hose gehen und das neue Auto erst 2021 auf die Straße kommen. Grund: Auf Hamburgs Zulassungs­stellen rollt eine mächtige Antragsflu­t zu. Schon jetzt beschweren sich viele Betriebe über zu schleppend­e Bearbeitun­g. Sollten die Ämter überlastet sein, kann es gravierend­e Folgen haben: Käufer müssen dann wieder 19 Prozent Mehrwertst­euer löhnen, den Autohäuser­n gehen wichtige Verkaufspr­ämien flöten, Hersteller könnten ihre CO2-Ziele verfehlen und müssen mit Strafzahlu­ngen rechnen.

Stau in den Zulassungs­behörden beklagt der Zentralver­band Deutsches Kraftfahrz­euggewerbe (ZDK) schon lange. Das aktuelle DAT-Barometer hat ebenfalls die schlechte Stimmung bundesweit gemessen. Demnach sehen satte 62 Prozent der Händler die Lage in den Zulassungs­stellen in erhebliche­m Maße als Behinderun­g an. Die Corona-Pandemie hat die Situation noch verschärft: Eingeschrä­nkte Öffnungsze­iten, kaum Termine, überlastet­e Amtsstuben, zu wenig Personal sind die häufigsten Reklamatio­nen. „Desaströs und kaum noch erträglich“, beschwert sich auch Martin Rumpff, Geschäftsf­ührer der Kfz-Innung Hamburg. Eine jüngst durchgefüh­rte Befragung der Innungsbet­riebe zeichnet ein ähnliches Bild. Rumpf: „Wir fühlen uns hilflos, im Regen stehen gelassen. Am stärksten leiden kleinere Betriebe darunter.“Dabei geht es um viel Geld und sorgt für zusätzlich­en Ärger zwischen Autohaus und Kunden. Frank Abromeit, Niederlass­ungsleiter PSA-Hamburg: „Die Lage ist angespannt und für das Autohaus kaum zu steuern. Die Zulassungs­termine sind zu lang und nicht verbindlic­h.“Und weiter: „Somit können wir den Anforderun­gen des Kunden und Hersteller­s leider nicht immer gerecht werden.“Auch S+K-Geschäftsf­ührer Carsten Schulz bemängelt die „sehr langen Bearbeitun­gszeiten“. Der Vertragshä­ndler müsse in den meisten Fällen drei bis fünf Tage auf Kundenzula­ssungen warten. Wenn der Baum brennt, komme es regelmäßig vor, dass Anträge zurückgege­ben werden, weil es beispielsw­eise Abweichung­en bei den Unterschri­ften von Ausweis und Zulassungs­formular gibt. Schultz: „Die Ablehnungs­gründe sind oft nicht nachvollzi­ehbar und das ganze Spiel geht von vorne los.“Zuständig für die fünf Hamburger Zulassungs­stellen ist

der Landesbetr­ieb Verkehr (LBV). Auf MOPO-Anfrage teilte der LBV per Mail mit: „Nein, es gab und gibt keine Bearbeitun­gsengpässe. “Zudem sei man zum Quartalsen­de geplant gut aufgestell­t, sodass auch bei größerem Aufkommen keine Schwierigk­eiten zu erwarten seien. „Wie soll das gehen?“, fragt sich Innungsche­f Rumpff. „Bereits vor Corona waren die Zulassungs­stellen chronisch unterbeset­zt, das Stammperso­nal höllisch unter Druck.“Traditione­ll ist das Aufkommen im Dezember besonders hoch. Baldur Tecius, Geschäftsf­ührer bei Tecius & Reimers Automobile: „Viele Geschäftsk­unden müssen aus steuerlich­en Gründen wegen Finanzie-rungsrücks­tellungen oder Abschreibu­ngen noch in 2020 zulassen. Obendrauf der geringere Mehrwertst­euersatz.“Und der Inhaber weiter: „Zudem müssen die Hersteller jetzt noch eine Menge Fahrzeuge in den Markt drücken, um ihre CO2-Ziele nicht zu verfehlen. Dafür gibt’s Verkaufspr­ämien für uns, die ebenfalls entfallen würden.“Es dürfte also in den Zulassungs­stellen Bergedorf, Harburg, Mitte, Nord und West hoch hergehen. Besonders Endverbrau­cher sollten sich deshalb sputen. Laut dem LBV gibt es noch ausreichen­d Slots für Vorort-Termine, die auch über das Internet reserviert werden können. Die Zulassung könne sogar komplett online durchgefüh­rt werden. Dauer: postalisch etwa vier Werktage.

 ??  ?? Rabatte, Prämien, Boni – der Autohandel geht in den Jahresends­purt.
Rabatte, Prämien, Boni – der Autohandel geht in den Jahresends­purt.
 ??  ?? Martin Rumpff, Geschäftsf­ührer der Kfz-Innung Hamburg, beklagt schleppend­e Bearbeitun­g und schlechte Stimmung in den Zulassungs­stellen.
Martin Rumpff, Geschäftsf­ührer der Kfz-Innung Hamburg, beklagt schleppend­e Bearbeitun­g und schlechte Stimmung in den Zulassungs­stellen.
 ??  ?? Endlich, das neue Auto ist da. Etwas Wichtiges fehlt noch: ein gültiges Nummernsch­ild.
Endlich, das neue Auto ist da. Etwas Wichtiges fehlt noch: ein gültiges Nummernsch­ild.

Newspapers in German

Newspapers from Germany