Blutige Rache im Rotlicht-Milieu
Bei einem Rache-Akt wird ein Zuhälter in einem legendären Bordell beinahe getötet
Der Tatort war das legendäre Bordell „Sabrina“in Eimsbüttel. Das Opfer stammte aus dem Rotlicht-Milieu und trug den Spitznamen „Albaner-Toni“, der Täter wiederum war der Zuhälter „Kölner Klaus“und es ging natürlich um eine Prostituierte. Der Mordanschlag auf Sadri L., wie das heute 61-jährige Opfer eigentlich heißt, war eine Abrechnung im Hamburger Zuhälter-Milieu, wie sie klassischer gar nicht sein konnte. Die Tat geschah vor fast genau 30 Jahren.
Das Bordell befand sich in einer eher kleinen Wohnstraße unweit der Eimsbütteler Chaussee. Benannt war es nach seiner Chefin Beate Maria H., die alle nur „Sabrina“nannten. Die heute 64-Jährige hatte die weiße Altbauvilla 1979 gepachtet und dort ihren „GentlemanClub“erfolgreich etabliert. Das Wort „Bordell“hörte Sabrina nicht so gern. Im Frühjahr war dann aber Schluss. Die Villa wird aktuell saniert und Sabrina genießt ihren Ruhestand nun in Bayern. Aber zurück ins Jahr 1990. Am 27. November, kurz vor drei Uhr nachts, ist noch Betrieb in der Villa an der Waterloostraße. Sadri L., also besagter „Albaner-Toni“, sitzt in einer Nische des ziemlich plüschig eingerichteten Bordells und plaudert mit einem langhaarigen Herrn. Zoran L. (23) stammte aus dem ehemaligen Jugoslawien und soll mit Warenterminbetrug ein Vermögen gemacht haben. Die Nationalitäten der beiden Herren seien hier erwähnt, weil es vor 30 Jahren im RotlichtMilieu noch etwas ungewöhnlich war, keinen deutschen Pass zu besitzen. Doch ab Ende der 90er Jahre drängten neben Türken vermehrt Russen, Polen, Serben oder Albaner ins Hamburger Milieu. Es kam zu brutalen Verteilungskämpfen. Und genau hier setzten auch die Ermittler an, die den Mordanschlag im Eimsbütteler Bordell, aufklären sollten. „Toni“plaudert an diesem Abend angeregt mit Zoran L. Plötzlich geht ein etwa 35 Jahre alter Mann auf Sadri L. zu. Als der aufsieht, schießt der Täter „Toni“mit einem Revolver in den Magen. Der reißt noch seinen Arm hoch, doch das Geschoss vom Kaliber 357 Magnum durchschlägt den Arm glatt. Dann
rennt der Schütze davon und entkommt. Als die Polizei eintrifft, will keiner der anwesenden zehn Gäste etwas bemerkt haben. Einen plötzlichen Gedächtnisschwund hat auch das Opfer. Sadri L. macht keine Aussage vor der Kripo.
Nach einer Not-Operation im UKE befand sich Sadri L. außer Lebensgefahr. Monatelang kamen die Ermittler nicht weiter. Doch dann wurde im Rotlicht-Milieu gemunkelt, wer es gewesen war. Klaus K. (36) nämlich, ein Zuhälter, der auf St. Pauli „Kölner Klaus“genannt wurde. Der Mann stammte aus der Domstadt und auf dem Kiez war natürlich der „Kölsch-Pub“an der Silbersackstraße sein Stammlokal. Klaus K. hatte nun angeblich eine Prostituierte geschlagen, die für „Albaner Toni“anschaffen ging. Der sann auf Rache, heuerte einen Rocker der Hells Angels an und beide überfielen „Kölner Klaus“, vermöbelten ihn ordentlich. Eine schlimme Demütigung bedeutete das für Klaus K. Der besaß immerhin mehrere Absteigen und war Chef der Zuhältervereinigung „Kölscher Klüngel“an der Davidstraße. K. hatte im Rotlichtmilieu einen Ruf zu verlieren. Um seine „Ehre“wieder herzustellen, folgte dann seine Revanche im Bordell. Im Milieu wollte man den Konflikt ohne die Polizei lösen. Klaus K. fuhr in seinem dicken Mercedes 560 SEC bei „Toni“vor und die beiden Zuhälter verhandelten über ein Schmerzensgeld. Sie einigten sich auf 25 000 Mark (12500 Euro). Doch mit dieser außergesetzlichen Regelung war Hamburgs Kripo nicht ganz einverstanden. Schließlich langten die Beweise und im September 1990 wurde Klaus K. verhaftet.
Im Dezember 1991 kam es in Hamburg zum Prozess.
Klaus K. gestand den Schuss, sagte: „Ich wollte ihm eine Lektion erteilen, habe auf den Oberschenkel gezielt. Ich wollte Toni nicht töten.“Er bat um „Verständnis“für die Tat. Sein Anwalt Norbert John ergänzte: „Im Milieu herrschen andere Spielregeln, es gibt andere Formen der Auseinandersetzung. Und überhaupt. So ein gezielter Schuss sei viel weniger schlimm als unkontrolliertes Zuschlagen. Dem wollte Richter Klaus-Ulrich Tempke nicht folgen, er sprach in seiner Urteilsbegründung von einer „niedrigen Gesinnung“des Angeklagten. Das Urteil: zwei Jahre und neun Monate Haft. Als Klaus K. 1992 seine Haftstrafe antrat, wurde er ärztlich untersucht. Dabei stellte der Arzt fest, dass der Zuhälter Aids hatte. Ostern 1994 bekam der Todkranke Hafturlaub. Er starb in seiner Wohnung in Kaltenkirchen. Den Text der Todesanzeige hatte er vorher selbst formuliert: „Zum Sterben nicht in die Hölle und im Leben nicht zur Polizei. Eine schöne Party wünsch ich euch.“
Lesen Sie nächste Woche: 23-Jähriger von Bombe zerfetzt