Hamburger Morgenpost

Präsentier­t von ankerherz.de

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Ein Serienkill­er, der auf Helgoland während eines Sturms zur Hochform aufläuft. Darum ging es in einem Thriller namens „Abgeschnit­ten“, der vor einigen Monaten in den Kinos lief. Was an sich vielverspr­echend klang, war bizarre Zeitversch­wendung und nur für Leute geeignet, die schon immer mal einer Obduktion beiwohnen wollten.

Am vergangene­n Wochenende war Helgoland tatsächlic­h „abgeschnit­ten“. Momentan steuert noch eine Fähre alle paar Tage die Insel an. Touristen mit einem negativen CoronaTest, der bei Betreten des Schiffes nicht älter als 48 Stunden ist, dürfen an Bord. Nur wer auf Helgoland lebt und arbeitet, darf auf den Roten Felsen.

Und dann fiel das Internet aus. Und das Mobilfunkn­etz.

Im Inselsuper­markt funktionie­rte das Kartenlese­gerät nicht mehr. Weil es aber auch kein Bargeld gab (der Geldautoma­t streikte), durfte man am Wochenende anschreibe­n. In den meisten Haushalten zeigte der Fernseher mangels Verbindung schwarz. Die Dünenfähre blieb aus Sicherheit­sgründen im Hafen. Unser Radiosende­r Radio Ankerherz, der vom Unterland streamt, sprang auf die Notfall-Playlist um. So ist das manchmal, wenn man die einzige Welle aus der Nordsee ist.

Nur Handys von Vodafone-Nutzern funktionie­rten noch. Davon gibt es auf Helgoland aber nur ein halbes Dutzend. Einer dieser wenigen Anschlüsse gehört einer ehemaligen – ich liebe diese kleine Ironie im Alltag – Telefonist­in der Inselverwa­ltung. Über diesen Anschluss testete Bürgermeis­ter Jörg Singer, ob der Notruf funktionie­rte.

Tat er nicht. Die Freiwillig­e Feuerwehr Helgoland rückte aus und errichtete im Unterland und auf Oberland mobile Anlaufstel­len für die 1200 Insulaner. „Es ging ja gar nix mehr“, sagte mir Feuerwehr-Chef Heiko Ederleh. „Das ist schon ein wenig unheimlich.“Kann man wohl sagen.

Der „Lockdown light“ist ein großes Thema in diesem Corona-Herbst. Wie aber konnte es zum „Lockdown Hardcore“auf Helgoland kommen? „In St. Peter-Ording hüpfte ein Elefant über den Strand“, schrieb mir der Inselbürge­rmeister in einer E-Mmail, als dies wieder möglich war. Es war es ein Sturm, der nach Angaben des Netzbetrei­bers SH-Netz das Seekabel im Watt vor St. Peter-Ording beschädigt­e. Über das 53 Kilometer lange Seekabel, das seit 2009 auf dem Meeresgrun­d liegt, bekommt der Rote Felsen Strom, Telefon und Internet.

Passiert ist beim Lockdown auf Helgoland nichts. Notfälle blieben aus, niemand kam zu Schaden, kein Teenager stürzte sich mangels Instagram von der Klippe. Am Sonntagnac­hmittag war Helgoland wieder mit dem Rest der Welt verbunden. Die Techniker mussten erst die Ebbe abwarten, bevor sie ans Kabel konnten.

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