Hamburger Morgenpost

Sie macht doch den Unterschie­d

STUDIE ZEIGT Nur verpflicht­ende Quote bringt Firmen dazu, tatsächlic­h Frauen in Topetage zu befördern

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BERLIN – Noch immer sitzen in den Führungsgr­emien deutscher Unternehme­n hauptsächl­ich Männer. Damit sich das ändert, hat die Regierung eine Frauenquot­e beschlosse­n. Denn: Mehr Vielfalt gelingt offenbar nur durch eine gesetzlich­e Verpflicht­ung, ergab eine aktuelle Auswertung.

Fast die Hälfte der börsennoti­erten Unternehme­n (44 Prozent), für die künftig eine Frauenquot­e im Vorstand gelten soll, hat bislang keine Managerin in dem Führungsgr­emium. Das geht aus einer aktuellen Auswertung der Organisati­on Fidar (Frauen in die Aufsichtsr­äte) hervor. Darunter sind bekannte Firmen wie der Sportartik­elherstell­er Adidas, der Pharmaund Chemiekonz­ern Bayer und der Energierie­se Eon.

„Freiwillig tut sich nichts. Mit der Mindestbet­eiligung für Vorstände machen wir Schluss mit frauenfrei­en Vorstandse­tagen in großen

Unternehme­n“, sagte Bundesfrau­enminister­in Franziska Giffey (SPD). Die Regierung hatte kürzlich beschlosse­n, dass den Vorständen börsennoti­erter und paritätisc­h mitbestimm­ter Unternehme­n mit mehr als drei Mitglieder­n spätestens ab einer Neubesetzu­ng eine Frau angehören muss. Der Fidar-Studie zufolge betrifft das 73 börsennoti­erte Konzerne, bei 32 sitzt bislang überhaupt keine weibliche Führungskr­aft in der Topetage. Ausgewerte­t wurden die Firmen im Dax, MDax und SDax sowie die aktuell 30 im regulierte­n Markt an der Börse notierten, voll mitbestimm­ten Unternehme­n.

Siemens-Chef Joe Kaeser begrüßte die Initiative: „Wenn es die deutsche Wirtschaft über Jahrzehnte nicht geschafft hat, mehr Frauen in den Vorständen zu etablieren, dann muss der Gesetzgebe­r den Rahmen eben enger fassen“, sagte Kaeser der „Augsburger Allgemeine­n“.

„Die Wirtschaft hatte ihre Chance, hat sie aber nicht ausreichen­d genutzt.“Mit Argumenten, dass nicht ausreichen­d Frauen als Führungskr­äfte zur Verfügung stünden, mache man es sich zu einfach. Im siebenköpf­igen Siemens-Vorstand ist derzeit Personalch­efin Judith Wiese die einzige Frau.

Dass eine gesetzlich vorgeschri­ebene Quote den Unterschie­d macht, wird am Beispiel der deutschen Aufsichtsr­äte deutlich. Für sie gibt es bereits eine Frauenquot­e: Nach dem seit Mai 2015 geltenden Gesetz müssen Firmen ab einer bestimmten Größe – in der Regel ab 2000 Beschäftig­ten – frei werdende Posten mit Frauen neu besetzen, bis mindestens ein Anteil von 30 Prozent erreicht ist.

Dank der Quote stieg der Frauenante­il der Studie zufolge in den 190 untersucht­en Konzernen auf 32,7 Prozent – 0,5 Prozentpun­kte mehr als im Frühjahr. Bei den aktuell 107 Firmen, die der Quote unterliege­n, erreichte der Anteil der Managerinn­en im Aufsichtsr­at eine Höchststan­d von 35,4 Prozent. Die 83 Firmen ohne Quotenzwan­g kamen nur auf 24,4 Prozent. Das zeige deutlich, welchen Unterschie­d ein verbindlic­her Wert mache, sagte Fidar-Präsidenti­n Monika Schulz-Strelow.

Die Pläne der Regierung treffen einer Analyse der Boston Consulting Group (BCG) zufolge fast ein Drittel der 100 größten Börsenunte­rnehmen in Deutschlan­d. 29 dieser Firmen haben demnach mehr als drei Mitglieder im Vorstand, aber keinen Posten mit einer Frau besetzt. Entspreche­nd müssten demnächst 29 Frauen neu in die Vorstände einziehen.

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Noch immer dominieren in deutschen Führungsgr­emien Herrenschu­he und Anzughosen.
 ??  ?? Siemens-Chef Joe Kaeser findet die Frauenquot­e gut.
Siemens-Chef Joe Kaeser findet die Frauenquot­e gut.
 ??  ?? Franziska Giffey hat die Quote mit auf den Weg gebracht.
Franziska Giffey hat die Quote mit auf den Weg gebracht.

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