Wie Corona Cybermobbing befeuert
STUDIE Immer mehr Schüler werden zu Opfern – mit dramatischen Folgen
Früher wurden Kinder auf dem Schulhof gehänselt – heute werden immer mehr junge Menschen im Internet gemobbt und angefeindet. Die Opfer werden jünger – und Corona macht alles noch schlimmer. Das hat jetzt eine Studie ergeben – Millionen Heranwachsende sind demnach betroffen.
In sozialen Netzwerken, in privaten Chat-Gruppen oder auf YouTube und Co.: Jeder sechste Schüler ist in Deutschland von Anfeindungen und Bloßstellungen im Netz betroffen. Das ergibt eine Erhebung des Bündnisses gegen Cybermobbing und der Techniker Krankenkasse, die jetzt in Karlsruhe vorgestellt wurde.
Nach 2013 und 2017 wurden jetzt zum dritten Mal Schülerinnen und Schüler sowie Eltern und Lehrkräfte online zu dem Thema befragt. Und die Ergebnisse bieten Grund zur Sorge: Die Zahl der Betroffenen ist laut Erhebung in den vergangenen drei Jahren um 36 Prozent gestiegen.
Zu den Gründen für die Zunahme zählen der Studie nach auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie: Homeschooling, Fernunterricht und Kontaktbeschränkungen hätten dafür gesorgt, dass sich noch mehr soziale Kontakte ins Netz verlagert haben. Schulseitige Prävention sei unter solchen Bedingungen noch weniger möglich als sonst. „Kinder und Jugendliche sind aktuell viel mehr im Web unterwegs, weil viele Dinge digital laufen“, sagt Schüler Lukas Pohland, der vor Jahren ein Sorgen-Telefon für Opfer von Cybermobbing ins Leben gerufen hat. Diese stärkere Mediennutzung erhöhe auch die Wahrscheinlichkeit für Cybermobbing.
Cybermobbing sei von außen nur schwer zu erkennen, sagt Pohland. Es treffe Mädchen und Jungen gleichermaßen, das typische Mobbing-Opfer gebe es nicht. Jeder Schüler, der ein Smartphone besitze, könne ein Betroffener sein.
Und weil dieses immer in der Hosentasche steckt, trägt man die Täter quasi mit sich.
Der Großteil der Betroffenen fühlt sich durch das Cybermobbing verletzt oder wütend. Der Befragung zufolge sprach jeder Vierte schon einmal von Suizidgedanken. „Es zeigt sich ganz deutlich, dass heute gezielter und härter gemobbt wird als noch vor drei Jahren“, erklärt der Vorstandsvorsitzende des Bündnisses gegen Cybermobbing, Uwe Leest.
Für die Angriffe werden vor allem Smartphones genutzt. Beim Cybermobbing wird laut der Studie vor allem beleidigt und beschimpft. Oft würden auch Lügen und Gerüchte verbreitet, unangenehme Fotos geteilt und Fakeprofile erstellt. Besonders oft kommt das an Haupt- und Realschulen bzw. Stadtteilschulen vor. Nach Angaben von befragten Eltern ist inzwischen aber auch jeder zehnte Grundschüler Opfer geworden.