Hamburger Morgenpost

Schöner schlummern auf Seegras

Wie ein altes Handwerk neu entdeckt wird:

- Von BETTINA BLUMENTHAL

Über Jahrhunder­te haben Menschen darauf geschlafen, Häuser damit isoliert oder es als Dünger verwendet. Bald 60 Jahre ist es her, dass es in Vergessenh­eit geriet. Jetzt wird es wiederentd­eckt. Die Rede ist von Seegrass aus der Ostsee. Die MOPO hat die einzige deutsche Manufaktur für Seegras-Kissen in Kappeln besucht.

An einem nebligen Novemberta­g vor sieben Jahren kam Kristian Dittmann (51) bei einem Strandspaz­iergang mit seinen Kindern die Idee. Überall war Seegrass angespült worden. „ Seegras ist ein Rohstoff. Wofür könnten wir das verwenden?“, fragte er sich. Ein alteingese­ssener Polsterer aus Flensburg klärte ihn auf. „Das ist die klassische Stopfwolle der Küste.“Da reifte in Dittmann die Idee, selbst Seegras zu verarbeite­n.

Bis in die 50er Jahre wurde Seegras vor allem ganz im Norden viel verwendet, aber auch bis in den Harz geliefert. Allein in Schleswig-Holstein gab es 48 Seegras-Fischer, die nicht nur Fisch, sondern auch Seegrass aus dem Meer holten. Je nach Bedarf. Ein Teil wurde als Dünger auf die Felder gebracht, ein Teil diente als Isolierung beim Bauen. Es wurde sogar in Dächern verbaut, denn es brennt kaum, sondern glimmt nur.

Und dann nutzen es sogar die Polsterer zum Füllen von Kissen und Matratzen. Dafür musste das Seegras gründlich gewaschen werden, um es von Salz, Sand und Algen zu befreien. Doch in den 60er Jahren verdrängte dann die importiert­e billige Kokosfaser das heimische Material. Später dann der Schaumstof­f. Seegras geriet in Vergessenh­eit.

Heute fertigt Kristian Dittmann in seiner Strandmanu­faktur in Kappeln an der Schlei Kissen mit Seegrasfül­lung. Wenn der gelernte Meeresbiol­oge über Seegrass spricht, leuchten seine Augen. „Seegrass ist pure Natur. Es ist frei von Schim

Ich kann jetzt seit drei Jahren von dem Geschäft mit dem Seegras an der Küste leben. Kristian Dittmann

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