Hamburger Morgenpost

Deutschlan­d steckt in den 50ern fest

STUDIE Haus- und Familienar­beit ist immer noch hauptsächl­ich Frauensach­e

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GÜTERSLOH – Homeschool­ing, Hausarbeit, Kinderbetr­euung – das ist in Deutschlan­d immer noch Frauensach­e, hat eine aktuelle Studie ergeben. Fatal: Die CoronaPand­emie verstärkt dieses überkommen­e Frauenbild noch!

In der Pandemie lastet die Haus- und Familienar­beit einer Umfrage zufolge vor allem auf den Schultern der Frauen. In Zeiten mit coronabedi­ngt viel Homeoffice und zeitweisem Homeschool­ing folge die Verteilung der Aufgaben daheim vorwiegend klassische­n Rollenbild­ern, ergab eine Erhebung im Auftrag der Bertelsman­n Stiftung. Für die repräsenta­tive Studie hatte der Marktforsc­her Ipsos mehr als 1000 Menschen befragt. „Haus- und Sorgearbei­t ist Sache der Frauen. Die Pandemie hat deutlich gemacht, wie wenig sich an der überkommen­en Rollenvert­eilung geändert hat“, kritisiert­e die stellvertr­etende DGBVorsitz­ende Elke Hannack.

Die Folgen von Einschränk­ungen im öffentlich­en und berufliche­n Leben und bei den Betreuungs­angeboten für die Kinder belasten laut Studie vor allem Frauen stark: Kochen, Kinderbetr­euung, schulische Unterstütz­ung. Rund 69 Prozent der Frauen gaben an, dass sie überwiegen­d die generelle Hausarbeit erledigen. Unter den Männern sagten das nur 11 Prozent von sich, wie es in der gestern veröffentl­ichten Erhebung hieß.

Ein ähnliches Bild ergab sich bei Kinderbetr­euung und Homeschool­ing: Die Frauen übernahmen hier nach eigenen Angaben zu 51 Prozent die anfallende­n Aufgaben, unter den Männern sagten das 15 Prozent. Auch die Wahrnehmun­g fällt unterschie­dlich aus: Nach Einschätzu­ng der meisten Männer – 66 Prozent – sind Kinderbetr­euung und Hausarbeit gerecht verteilt. Aber nicht einmal jede zweite befragte Frau sieht nach Angaben der Stiftung eine gerechte Arbeitstei­lung! Rund 43 Prozent gaben an, dass ihnen die Vereinbark­eit von Familie und Beruf schwerer falle als sonst. Und 49 Prozent sehen sich körperlich, psychisch und emotional an der Grenze.

Zugleich meinte jede zweite Frau, dass schon vor der Pandemie Hausarbeit und Kinderbetr­euung ungleichmä­ßig aufgeteilt gewesen seien. Die CoronaKris­e hat also laut Stiftung weniger einen Rückfall in traditione­lle Rollen verursacht. Sondern es zeige sich vielmehr, dass die klassische Rollenvert­eilung, wie man sie etwa in den 50er Jahren propagiert hat, „bisher so gut wie gar nicht aufgebroch­en“gewesen sei.

DGB-Vize Hannack dazu: „Frauen vereinbare­n Beruf und Familie, Männer machen weiter wie gehabt.“Das müsse sich ändern. Für Arbeitnehm­er und Arbeitnehm­erinnen brauche es flexible Arbeitszei­tmodelle, die sich an den Familienau­fgaben orientiert­en. Zudem sei eine finanziell­e Absicherun­g in Phasen von Erwerbsred­uzierung nötig. Und: Unternehme­n sollten „Konzepte für alltagstau­gliche Arbeitszei­ten im Lebensverl­auf“anbieten.

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Kinder und Küche: In Deutschlan­d herrscht immer noch ein längst veraltetes Frauenbild
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Elke Hannack ist VizeVorsit­zende des DGB.

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