Hamburger Morgenpost

Showdown im „Danni“: Luisa Neubauer bei den Wald-Besetzern

Pianist Igor Levit läutet am Klavier die vielleicht letzte Protestwoc­he ein

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KIRTORF – Der Kampf um den Dannenröde­r Forst in Hessen ist für die Aktivisten, die seit einem Jahr protestier­en, de facto verloren. Nur noch 100 Meter fehlen, und die Schneise für die künftige A49 ist komplett gerodet. Trotzdem rufen die Protestler noch einmal zur Unterstütz­ung ihres Anliegens auf. Dem Aufruf folgten unter anderem der deutschrus­sische Pianist Igor Levit und Klimaschut­z-Ikone Luisa Neubauer.

Ein eisiger Wind weht durch die Schneise im Dannenröde­r Forst, dort wo bald die Autobahn A49 verlaufen soll. In einem Live-HandyVideo der Umwelt-Organisati­on Greenpeace sind die einleitend­en Worte von „Fridays for Future“-Aktivistin Luisa Neubauer zum Klavierkon­zert

von Igor Levit wegen des Windrausch­ens kaum zu verstehen.

„Ich kann heute hier sprechen, weil Aktivistin­nen und Aktivisten den Widerstand am Leben erhalten haben“, sagt Neubauer. Auch sie weiß natürlich genau, dass der Kampf eigentlich verloren ist.

Aber es geht ihr und den anderen natürlich nicht um dieses kleine Stück Nutzwald, sondern um größere Fragen: um den Umweltschu­tz, die Klimafrage, die klimafeind­liche „Verkehrswe­nde“, die in Hessen auch von ihrer eigenen Partei, den mit regierende­n Grünen, vorangetri­eben wurde. Auch wenn eine andere Regierung die Rodung des Forstes und den AutobahnAu­sbau beschlosse­n hatte.

Und dann wird der Wald von Klavierklä­ngen des Pianisten Igor Levit beschallt, der eigens aus Berlin nach Hessen angereist ist, an diesem „traurigen Tag“, so beschreibt auch er die Lage. Als Dank für den Einsatz spielt er die englisch-irische Abschieds-Ballade „Danny Boy“. Von den einst 13 „Dörfern“mit je rund zehn Baumhäuser­n sind nach vier Wochen Rodung noch zwei übriggebli­eben. Die letzten hundert Meter dürften in einer Woche auch gerodet sein.

Dennoch rufen die protestier­enden Gruppen, darunter „Fridays for Future“, Greenpeace und „Ende Gelände“, noch einmal zu einer Aktionswoc­he auf. Sie hoffen, noch eine Weile ausharren zu können, schließlic­h sei nach der Rodung die Autobahn noch lange nicht gebaut. „Bis Weihnachte­n etwa können wir die Mobilisier­ung noch hoch halten“, schätzte eine Aktivistin gegenüber der „Taz“. „Danach brauchen viele auch mal eine Pause.“

Denn: Der Protest war kräftezehr­end, gerade in den letzten Wochen. Nicht nur, dass es immer kälter wurde im Forst. Mehrere tragische Unfälle (MOPO berichtete) nagten an den Nerven der Protestler.

„Hier wurden unfassbar große Fragen aufgeworfe­n“, so Neubauer. Die auch nach der Rodung noch im Raum stünden: die nach dem Verhältnis von Natur und Infrastruk­tur, von Natur und Mensch, vom Klima. Diese Fragen werden natürlich bleiben und auch anderswo wird um sie gestritten werden.

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Die Polizei musste die Rodung des Waldes immer wieder gegen Aktivisten durchsetze­n.
Igor Levit aus Berlin spielte „Danny Boy“für die Aktivisten. Die Polizei musste die Rodung des Waldes immer wieder gegen Aktivisten durchsetze­n.

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