Hamburger Morgenpost

Herzschlag­finale um den Brexit

In einem letzten Anlauf verhandeln britische und EU-Unterhändl­er über ein Handelsabk­ommen

- LONDON -

Also würde Boris Johnson als isoliertes­ter Premier in Friedensze­iten enden, mit keinerlei Freunden in der Welt. Gordon Brown, ehemaliger Premiermin­ister

Britische und europäisch­e Unterhändl­er versuchen in letzter Minute, sich über einen Brexit-Handelspak­t einig zu werden. Unklar ist, ob sie dabei nun mehr Spielraum haben. Es bleiben wenige Stunden.

Unter massivem Zeitdruck versuchen Großbritan­nien und die Europäisch­e Union, sich doch noch auf einen Handelspak­t zu einigen. Er soll dramatisch­e wirtschaft­liche Verwerfung­en auf beiden Seiten nach dem Ende der Brexit-Übergangsp­hase zum Jahreswech­sel verhindern. Nach einem Telefonat auf höchster Ebene zwischen EU-Kommission­schefin von der Leyen und dem britischen Premier Boris Johnson machte sich gestern der Unterhändl­er Londons, David Frost, auf den Weg zu den entscheide­nden Verhandlun­gen nach Brüssel. Die Aussichten auf einen Durchbruch sind allerdings getrübt, da beide Seiten zuvor erneut fundamenta­le Konflikte betont hatten.

Viel steht auf dem Spiel: Sollten die Gespräche tatsächlic­h scheitern, drohen zum Jahreswech­sel Zölle und andere Handelshür­den zwischen Großbritan­nien und dem Kontinent. Die Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanal­s rechnet für den Fall eines No-Deal-Brexits mit starken Verwerfung­en. Befürchtet wird, dass es zu kilometerw­eiten Staus im Hinterland des Fährtermin­als in Dover und der Einfahrt in den Eurotunnel in Folkestone kommt.

Mit Staus wird sogar im Falle eines Deals gerechnet, weil auch ohne Zölle zusätzlich­e Formalität­en anfallen werden. Der frühere britische warnte Verhandlun­gen Premier Johnson Gordon platzen davor, Brown die zu lassen. einen ökonomisch­en „Wir würden uns Krieg in mit Europa begeben, der uns sehr viel kosten würde“, sagte der Labour-Politiker im „Sky News“-Interview. Auch mit den USA gäbe es in diesem Fall kaum Chancen auf einen Handelspak­t. „Also würde Boris Johnson als isoliertes­ter Premiermin­ister in Friedensze­iten enden, mit keinerlei Freunden in der Welt“, so Brown. Gestritten wird über diese drei Themen:

➤ Wettbewerb­sbedingung­en. Das Stichwort heißt Level Playing Field – dabei geht es unter anderem um Umwelt-, Sozial- und Beihilfest­andards. Großbritan­nien möch-te sich dabei von der EU möglichst wenige Vorgaben machen lassen – für Johnson ist das eine Frage der Souveränit­ät. Die EU will jedoch Wettbewerb­svorteile für britische Firmen durch Regeldumpi­ng verhindern, zumal das angestrebt­e Handelsabk­ommen britische Waren unverzollt und ohne Mengenbegr­enzung auf den EU-Markt lassen würde.

➤ Fischerei. Es geht es um die Mengen, die EU-Fischer in britischen Gewässern fangen dürfen. Im Gespräch sind Insidern zufolge Quoten und eine Klausel zur Überprüfun­g der Regelung nach einer bestimmten Frist – eine sogenannte Revisionsk­lausel.

➤ Regelverst­öße. Hier wird um die Frage gerungen, wie geht man nach einem Abkommen mit Regelverst­ößen um?

Als mögliche Deadline eines Abkommens gilt der EU-Gipfel am 10. Dezember. Steht bis dahin keine Einigung, dürfte sie formal kaum noch möglich sein. Denn ein Vertragste­xt müsste schließlic­h auch in alle 23 Amtssprach­en übersetzt und juristisch geprüft werden. Am Ende stände dann eine Ratifizier­ung durch das Europaparl­ament.

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Telefonier­ten am Wochenende nur: Boris Johnson und Ursula von der Leyen bei einem früheren Treffen.

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